HEINRICH WILLE, BARSCHEL-CHEFERMITTLER
: Der Störenfried

■ ist seit 1992 Leitender Oberstaatsanwalt in Lübeck. Das Foto entstand 1998 – nach Abschluss der Ermittlungen im Fall Barschel Foto: dpa

Es hätte so einfach sein können. Heinrich Wille, oberster Lübecker Staatsanwalt und ehemaliger Chefermittler im Fall Barschel, geht in den Ruhestand, ungefähr gleichzeitig mit seinem ärgsten Widersacher, Generalstaatsanwalt Erhard Rex. Ein Dauerstreit, der Schleswig-Holsteins Justiz in Atem hielt, wäre elegant beendet worden.

Doch Wille wäre nicht er selbst, wenn er das einfach mit sich machen ließe. Im Juli vergangenen Jahres hatte er beim Justizministerium beantragt, drei weitere Jahre im Amt zu bleiben. Er habe noch „wichtige Projekte voranzubringen“. Im März kam die Ablehnung vom Ministerium, Wille legte Widerspruch ein. „Das liegt jetzt beim Oberverwaltungsgericht“, sagt er.

Wille ist mit seinen Vorgesetzten seit den Ermittlungen im Fall Uwe Barschel über Kreuz. Jahrelang verfolgte er akribisch jede Spur, die darauf hindeutete, dass der ehemalige Kieler CDU-Ministerpräsident, der 1987 tot in der Badewanne eines Genfer Hotelzimmers gefunden wurde, ermordet worden sein könnte. Wille recherchierte im Geheimdienstmilieu, weil Barschel um illegale U-Boot-Lieferungen der Kieler HDW-Werft an Südafrika wusste. Er legte sich mit der Gauck-Behörde an, der er vorwarf, Stasi-Unterlagen – Barschel war vom DDR-Geheimdienst beobachtet worden – zurückzuhalten. Der Versuch seines damaligen Vorgesetzten, Generalstaatsanwalt Heiko Ostendorf, die Ermittlungen einstellen zu lassen, misslang. Ostendorf trat zurück, Wille ermittelte weiter.

„Ich fühle mich dem Gesetz verpflichtet und der Gemeinschaft“, sagt Wille. Der Fall Barschel war das ganz große Ding, es ging um den militärisch-industriellen Komplex, um Spionage und Erpressung – und um den Verdacht, es würden Spuren verwischt. 2007, 20 Jahre nach Uwe Barschels Tod, untersagte Ostendorfs Nachfolger Erhard Rex seinem Untergebenen Wille, ein Buch über den Fall Barschel zu veröffentlichen – die „private Vermarktung dienstlichen Wissens“ sei nicht zulässig.

Schon zuvor hatte Rex, der weit ab vom Schuss in Schleswig sitzt, die Linie seines Vorgängers Ostendorf weiterverfolgt und Willes eigene Interpretation der Ermittlungsergebnisse in Frage gestellt. Es gebe, so Rex, durchaus Hinweise, die für Selbstmord sprächen. Rex kennt die Akten, er hat sie sich allerdings nie von Wille erklären lassen – bei 14.000 Seiten kein leichtes Unterfangen.

Sollte Wille tatsächlich seinen Dienstsitz am Rande Lübecks räumen müssen, könnte dies den Nebeneffekt haben, dass sein Barschel-Buch erscheinen darf. „Die Argumentation, die Veröffentlichung des Buches stehe in Konflikt mit meiner Amtsführung, ist dann ja wohl hinfällig“, sagt er.

Gerüchten zufolge soll Rex ebenfalls eine Amtszeitverlängerung über die Pensionsgrenze hinaus beantragt haben. „Personalentscheidungen kommentieren wir grundsätzlich nicht“, heißt es dazu aus dem Justizministerium in Kiel. WIE