Die Ramadan-Assistentin

Vom Okzident in den Orient (2): Wie bringt man Medizin-Hightech nach Jordanien? Na klar, in einem Hippie-Bus

Der Araber erkaufte dem ostdeutschen Theaterschreiber K. am kleinsten Grenzübergang in die Tschechische Republik die Freiheit (Wir berichteten: Der Herr K. hatte nämlich vor zwei Jahren schlimmen Liebeskummer, woraufhin er sich auf 2,2 Promille betrank. Dann fuhr er mit dem Fahrrad in Straßenbahnschienen, stürzte brutal, brach sich den Kiefer, bekam den Führerschein entzogen und sollte 500 Euro Strafe zahlen, was er aber nicht tat. Das übernahm unser Reisechef und Busbesitzer, der die Reisekasse wegen eventuell erwarteter Zollschwierigkeiten glücklicherweise gut gefüllt hatte).

Um drei Uhr morgens reisten wir mit unserem 30 Jahre alten Bus und nagelneuen, frisch geschmuggelten Ultraschallgeräten in die Tschechische Republik und begannen eine neue, nicht empfehlenswerte Art des Übernachtens auf Reisen: das Tankstellen-Camping. Die beiden mitreisenden Ossis sollten, so war es abgemacht, eigentlich stets ihr Zelt aufbauen, was an tschechischen Autobahn-Tankstellen aber zugegeben nicht so gut geht.

Die Jungs verteilten sich also anspruchslos auf die ebenen Flächen im Bus, während mir die zweifelhafte Ehre zuteil wurde, neben meinem langjährigen Freund, dem Araber, auf dreieinhalb Quadratmetern Bett liegen zu dürfen. Was als kuschelndes Paar ein schöner Spaß hätte sein können. Doch im Fastenmonat ist jede Art von Berührung zwischen Mann und Frau noch strenger als ohnehin verboten. Unser beschränktes Schlafen wurde dementsprechend zu einem Krampf im Käfig. Zudem musste der Gute sein dreigängies Frühstück und das erste Gebet vor Sonnenaufgang verrichten – ab sofort mussten wir Ungläubigen uns auf Gekoche, Geklapper und Gerumpel um sechs Uhr morgens einstellen.

Nach dem großen Morgenessen muss natürlich gemäß der arabischen Ramadan-Tradition bis mittags geschlummert werden. Für einen kurzen Prag-Besuch blieb deswegen leider keine Zeit – schließlich hatten wir ja außerdem pünktlich zu den Gebetszeiten Tankstellen mit vernünftigen Waschmöglichkeiten anzufahren – und das dreimal am Tag! Mit meinem Marschkompass, Geschenk eines deutschen Freundes, der der Meinung ist, dass Religionen verboten werden sollten, fand er auch im neuen Europa stets die Richtung Mekka.

Obwohl ein Muslim auf Reisen nur drei- statt fünfmal beten muss und auch den Ramadan verschieben darf, wollte er sich darauf nicht einlassen, denn es sei „ein großes Geschenk“, den Fastenmonat pünktlich zu leben. Auf ein Ramadan- und Gebete-Nachholen, wie es das Buch vorsieht, lässt sich unser Chef nicht ein! Obwohl es auf Tour nicht einfach ist. Aber zu zweit geht’s besser. Die Reise über sollte ich mich noch zu einer perfekten Ramadan-Assistentin entwickeln und die Ossis mehr über den Islam lernen, als sie jemals wissen wollten.

Nachdem wir die Grenzen zur Slowakei und nach Ungarn mit Herzklopfen, aber problemlos überstanden hatten, sollte die Moschee in Budapest unser nächstes Etappenziel sein.CARETTA VAN BANGO

Eine taz-Reporterin, 32, fährt mit einem alten Mercedes-508-Bus, 31 Jahre alt, und einem arabischstämmigen Kameramann, 30, Richtung Jordanien. Ein Undercover-Reisebericht vom Okzident in den Orient