Die Welt macht Augen

ERFINDUNG Eine Ein-Dollar-Brille aus Erlangen

Rund 150 Millionen Menschen leiden laut Weltgesundheitsorganisation unter Fehlsichtigkeit und können sich keine Brille leisten. Sie stehen vor unüberwindlichen finanziellen Hürden. Denn Brillen sind teuer und Optiker oft weit entfernt.

Der Erlangener Realschullehrer Martin Aufmuth hat eine vielversprechende Lösung entwickelt, die seit mehr als einem Jahr in der Realität erprobt wird: die Ein-Dollar-Brille. Sie besteht aus einem hautverträglichen Federstahldraht und Gläsern aus dem robusten Kunststoff Polycarbonat mit gehärteter Oberfläche. Ein eigens konstruiertes Maschinchen biegt den Draht.

Die Größe der Brille lässt sich in drei Abstufungen variieren. 25 verschiedene Gläserstärken ermöglichen eine optimale Anpassung. Im dritten Arbeitsschritt werden die Gläser in den Drahtrahmen eingefügt, nebst zwei farbige Glasperlen zur Verschönerung, und Schläuche auf die Bügel aufgeschrumpft. Das gesamte Verfahren dauert zehn bis 30 Minuten, die Materialkosten liegen bei einem Dollar.

Der Verein EinDollarBrille e. V. exportiert auch das Know-how des Fabrikationsprozesses und die Biegemaschine in Entwicklungsländer. Diese Apparatur ist für die Herstellung unabdingbar. Sie benötigt keinen Strom und kann von bis zu sechs Personen zugleich benutzt werden. Jährlich lassen sich so je Biegemaschine zwischen 20.000 und 50.000 Brillen produzieren. Die Ausbildung von Fachkräften erfolgt in zweiwöchigen Intensivkursen vor Ort, die daraufhin ihren Lebensunterhalt als Optiker bestreiten können. Die Biegemaschine kostet 2.500 Euro, wird aber den angelernten Fachkräften kostenfrei zur Verfügung gestellt, wenn sie über ihre Patienten Buch führen. Anfang 2013 konnte die erste Ausbildung in Ruanda verwirklicht werden, wo jetzt rund 20 ausgebildete Fachkräfte ihrem Handwerk nachgehen. Weitere Länder in Afrika und Lateinamerika folgten. 6.000 Brillen sind bisher gefertigt. Das Hauptproblem sind nun noch die Genehmigungen durch die Gesundheitsbehörden. MORITZ HOLLER