Dachdecker vom Keller bis zum Ziegel

HANDWERK Solarpanels, Metallplatten, Fassadenverkleidung oder Kellerabdichtung: Die Arbeit des Dachdeckers umfasst heute deutlich mehr, als nur das Anbringen von Ziegeln

VON MERET MICHEL

Dachdecker, so lässt die Berufsbezeichnung vermuten, kraxeln auf Dächer und sorgen dafür, dass es nicht irgendwann in das fertige Haus regnet. Das machen sie auch. Aber sie tun noch viel mehr: „Der Dachdecker-Beruf ist einer der vielfältigsten unter den Handwerksberufen“, sagt Thomas Heinrich, Ausbildungsmeister beim Berufsbildungswerk der Dachdecker-Innung Hamburg.

Die Arbeit des Dachdeckers beginnt bereits im Keller: bei der Bauwerksabdichtung. Gemeint ist, das Haus gegen Wasser von unten, sei es nun ein Fluss oder Grundwasser, zu isolieren. Dazu kommt die Fassadenverkleidung, die Isolierung der Wände. Und oben auf dem Haus ist der Dachdecker neben den Ziegeln auch für den Dachstuhl, Solaranlagen oder Dachfenster zuständig.

„Früher waren für den Dachstuhl noch die Zimmerer zuständig“, sagt Heinrich. Mit der Novellierung der Handwerksordnung Anfang des Jahrtausends wurde die strikte Aufgabenteilung zwischen den Handwerksberufen verändert: Seither können Dachdecker auch mal den Dachstuhl montieren – oder die Zimmerer die Ziegel.

Aber nicht nur wegen der Ausweitung der Zuständigkeiten hat sich der Dachdecker-Beruf grundlegend verändert. „Früher bestand das Dach aus Dachlatten und Ziegeln und das war’s“, sagt Heinrich. Heute sagt der Fachmann nicht mehr „Dach“, sondern er spricht vom „Dachpaket“, bestehend aus mindestens fünf Schichten: Innenverkleidung, Dampfbremse innen, Wärmedämmschicht, Luftdichtungen außen und natürlich die Deckung selbst. Denn die Anforderungen haben sich verändert. Ein Dach muss heute mehr als nur Regen abwehren: Es muss Energie sparen, Wärme im Haus halten und Stürmen widerstehen können. „Die Auflagen dazu sind deutlich strenger geworden“, sagt Heinrich.

Nicht zuletzt ist auch die typische Dachdecker-Arbeit anspruchsvoller geworden. „Es gibt deutlich mehr Materialien, die man einsetzen kann“, so Heinrich. Angefangen bei den klassischen Ziegeln oder Schiefersteinen bis hin zu vorgefertigten Metallstücken. Für welches Dach der Bauherr sich entscheide, hänge neben behördlichen Vorgaben vor allem vom Geschmack und Geldbeutel des Kunden ab. Klassisch im Wohnhausbau seien aber nach wie vor Ziegel- oder Schieferdächer.

Wie viele Handwerkerberufe haben auch die Dachdecker ein Problem: Der Nachwuchs fehlt. „Es gibt zu wenig junge Leute, die sich heute zum Dachdecker ausbilden lassen wollen“, sagt Heinrich. Er vermutet, dass manche ein falsches Bild von dem Beruf haben könnten. „Dachdecker ist ein anspruchsvoller Beruf“, sagt er. „Das Bild vom Handwerker, der mit der Bierbuddel auf dem Dach steht, stimmt längst nicht mehr.“