An die Opfer erinnern

KOLONIALISMUS In Mitte wird der ermordeten Freiheitskämpfer aus Afrika gedacht

Vor 100 Jahren wurde der kamerunische König Rudolf Manga Bell durch die deutschen Kolonialbehörden hingerichtet. Manga Bell hatte friedlichen Widerstand gegen die deutsche Kolonialherrschaft geleistet und wurde dafür wegen Hochverrat gehängt. Am heutigen Freitag wird in der Wilhelmstraße in Mitte ein schwarzer Gedenkstein zum „Gedenken aller afrikanischen Freiheitskämpfer gegen die Kolonialisierung“ errichtet.

Initiiert haben den Gedenkstein das Projekt Lern- und Erinnerungsort Afrikanisches Viertel (LEO) des Bezirksamts Mitte, das die Geschichte des deutschen Kolonialismus aufarbeiten will, und Bana Ba Sawa de Berlin (ABS e. V.), ein Verein der kamerunischen Community Berlins.

Der Ort ist bewusst gewählt: In der Wilhelmstraße befand sich einst das Reichskanzlerpalais, in dem vor 130 Jahren die Konferenz stattfand, auf der die europäischen Kolonialmächte die Aufteilung Afrikas beschlossen.

Kurz, aber verheerend

„Es gibt immer noch wenig Verständnis in Deutschland für die koloniale Vergangenheit“, sagt Yonas Endrias von LEO. „Die deutsche Kolonialzeit war zwar kurz, aber verheerend“, so Endrias. Dennoch hätten nur wenige Menschen Kenntnisse von der deutschen Kolonialgeschichte, und noch immer gebe es Straßennamen mit Kolonialbezug.

Yonas Endrias fordert eine offizielle Anerkennung der deutschen Schuld am Kolonialismus und eine formale Entschuldigung der Bundesregierung. Die Errichtung des Gedenksteins sei ein wichtiger Schritt auf dem Weg dahin: „An vielen Orten der Stadt gedenkt man der in den Kolonien gefallenen deutschen Soldaten. Wir wollen an die Opfer erinnern.“ FELIKS TODTMANN

■  Der Gedenkstein wird um 14.45 Uhr in der Wilhelmstraße 92 eingeweiht