Weder Schinken noch Lachs

■ Nach der 0:3-Niederlage in Bielefeld redet beim HSV niemand mehr von der Meisterschaft

Die blauen, rechteckigen Container verweisen ein wenig auf solche, die man auf Baustellen findet. Doch im Unterschied zu diesen zieren die dem Platz zugewandte Seite zwei große Fenster, die das Gebilde eher einem Schaukasten à la Big Brother gleichen lassen. Logen, und mögen sie noch so unschön und des Anlasses unwürdig erscheinen, haben einen Vorteil: der Gang nach Canossa, also zur nächsten Wurstbude, bleibt den Hausherren erspart.

Bei Arminia Bielefeld gibt es sie drei Kategorien, von Bronze über Silber zu Gold. Und je nach Geldbeutel werden Salami- und Schinken- oder Lachsschnittchen gereicht. Ähnlich verhält es sich beim HSV. Den UEFA-Cup-Platz hat man nach einer starken Saison sicher. Nur mit der Annäherung an Silber und Gold wollte es im entscheidenden Moment nicht klappen. Da spielt nun Leverkusen nur 1:1, vier Punkte könnte der Abstand nach einem Sieg betragen, und dann ein 0:3 in Bielefeld.

Matches gegen fast schon Abgestiegene: „Solche Spiele sind schwierig“, gab Nico Kovac nach Spielende zu bedenken. Doch niemand suchte Ausreden. Von „keine Entschuldigung“ bis „schlecht gespielt“ (Libero Nico Hoogma) war da alles zu hören. Als hätten sie es einstudiert. Roy Präger war sichtlich genervt von der Frage nach dem abgefahrenem Meisterschaftszug, die ihm in zehn Minuten gleich vier Mal gestellt wurde. Ein zischendes „UEFA-Cup“ war da zu vernehmen und später folgend „dann wahrscheinlich neue Ziele“. Die Meisterschaft gehörte, wenn man Kovac trauen darf, nie zu diesen Ambitionen, auch nicht, als die Tabellensituation sich noch besser darstellte.

Der HSV hatte es in der Hand. Nach vier Siegen in Folge, einem zu bewältigendem Restprogramm mit einem Entscheidungsspiel gegen Bayer Leverkusen, bei dem der Abstand hätte drei Punkte... Ein klägliches 0:3 bedeutet den jähen Abbruch eines Gedankens. Also wird sich der HSV nach der in dieser Intensität nicht erwarteten Kollektivleistung nicht die achte deutschen Meisterschaft erspielen.

Manager Wehmeyer konstatierte die fehlende Leidenschaft und Bereitschaft, Kämpfe anzunehmen. Man habe „zu kompliziert“ gespielt, so Wehmeyer und „nie zu unserem Spiel gefunden“, wie Ingo Hertzsch kleinlaut bemerkte. Seine Fehler beim 0:1, bei dem er Labbadia zu viel Platz ließ, und beim zweiten Tor der Bielefelder, deren verwandelter Strafstoß durch Stratos die Folge einer Notbremse von Hertzsch war läuteten die Niederlage ein. Und im Anschluss schienen irgendwie alle ein wenig froh darüber zu sein, das lästige Wort Meisterschaft ad acta zu legen.

„Wir haben uns nicht genug Torchancen erarbeitet und deshalb hat Bielefeld verdient gewonnen.“ Kurz und knapp. Die Gesichtszüge von Frank Pagelsdorf verrieten einiges. Da war kein zerzauster, vom Ärger des Spiels völlig zerfressender Trainer zu sehen. Entspannt und mit einem geschmeidigen Lächeln hatte der Hamburger Coach realisiert, dass Platz drei und damit Bronze alles ist. Und Lachsschnittchen gibt es dann in der nächsten Saison. Florian Bauer