Arbeitslosigkeit in Großbritannien: Erziehungslager für Jugendliche

Ein Leben auf Stütze soll keine Option mehr sein, findet die britische Regierung – und führt strenge Maßnahmen für arbeitslose Jugendliche ein.

Matthew Hancock vor einem Zaun

Staatssekretär Matthew Hancock will Jugendliche angeblich nicht bestrafen, sondern unterstützen. Sieht nur nicht so aus. Foto: dpa

DUBLIN taz | Die britische Regierung will ab April übernächsten Jahres „Erziehungslager“ für arbeitslose Jugendliche einrichten. Das gab der zuständige Staatssekretär Matthew Hancock am Montag bekannt. Menschen zwischen 18 und 21 Jahren sollen binnen drei Wochen nach Beantragung von Sozialhilfe ein intensives Trainingsprogramm von 70 Stunden durchlaufen, in dem sie lernen, Bewerbungen zu schreiben und sich bei Vorstellungsgesprächen anständig zu präsentieren. Wer nicht mitmacht, bekommt kein Geld.

Die Tories hatten bereits in der Opposition 2008 angekündigt, dass sie „Wohlfahrtszahlungen für körperlich gesunde Menschen unter 21, die seit mehr als drei Monaten arbeitslos sind, abschaffen“ würden. Das betrifft 14 Prozent der jungen Leute zwischen 16 und 21 – rund eine halbe Million. Manche von ihnen seien „Teil einer Fürsorgekultur, die in einigen der gefährdetsten Gemeinden Großbritanniens vorherrscht“, sagte Hancock.

Man werde darauf hinarbeiten, dass alle jungen Leute entweder arbeiten oder in Ausbildung sind, indem man dafür sorge, dass ein Leben auf Stütze keine Option mehr sei.

Die Wohltätigkeitsorganisation für Kinder, Bernardo’s, kritisierte die Pläne. Junge Menschen brauchen Unterstützung, nicht Bestrafung, sagte ein Sprecher. Hancock entgegnete, es handle sich keineswegs um eine Art Bestrafung. „Wir geben jungen Menschen im Gegenteil mehr Unterstützung“, sagte er. Der 36-jährige stammt aus einer wohlhabenden Unternehmerfamilie. Vor zwei Jahren behauptete er, die Labour Party sei „voller Schwuler“.

Wer das Trainingsprogramm nicht mitmacht, bekommt

kein Geld

Die angekündigten Schritte dienen wohl weniger der Eingliederung junger Menschen in die Arbeitswelt, sondern sind vielmehr verkappte Sparmaßnahmen. Schatzkanzler George Osborne will bis 2020 den Haushalt ausgleichen. Zurzeit liegt die Neuverschuldung bei rund 5 Prozent der Wirtschaftsleistung. Deshalb haben es die Tories vor allem auf den Sozialetat abgesehen.

Seit den Wahlen im Mai, aus denen die Tories überraschend mit absoluter Mehrheit hervorgegangen sind, hat die Regierung weitere Kürzungen vorgenommen – fast unbemerkt, da die Labour-Opposition mit sich selbst beschäftigt ist.

Familien werden nur noch Steuerermäßigungen oder Wohngeld für zwei Kinder erhalten. Asylbewerbern wurden die Zuschüsse stark gekürzt. Studenten aus unteren Einkommensschichten bekommen keine Stipendien mehr, sondern Kredite. Und schließlich haben die Tories die Sozialhilfe-Obergrenze weiter gesenkt, weil sie keine Rücksicht mehr auf den ehemaligen Koalitionspartner, die Liberalen Demokraten, nehmen müssen.

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