Arbeitskampf in Berlin: Hohe Streikbereitschaft

8.000 angestellte Lehrer- und ErzieherInnen beteiligten sich am ersten Streiktag der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in Berlin. Etwa die Hälfte der städtischen Kitas blieb zu.

Beschäftigte des öffentlichen Dienstes streikten am Dienstag in Berlin. Foto: DPA

Im Laufe der Elternschaft lernt man vor allem eins: organisieren. In den letzten Tagen durften Berliner Eltern zeigen, was sie draufhaben: Zwei Tage, am gestrigen Dienstag und auch noch am heutigen Mittwoch, sind 15.000 ErzieherInnen der Kita-Eigenbetriebe und in den Horten der öffentlichen Schulen zum Warnstreik aufgerufen. Hinzu kommen 15.000 angestellte Lehrkräfte, die die Gewerkschaften Erziehung und Wissenschaft (GEW) und Verdi ebenfalls mobilisieren wollen.

Offensichtlich erfolgreich, wie viele Eltern feststellen mussten, die häufig erst am Montag in der Schulmappe oder im Kita-Rucksack ihrer Kinder einen schnell getippten Info-Zettel fanden: Bitte betreuen Sie Ihr Kind am Dienstag und Mittwoch doch nach Möglichkeit anderweitig, organisieren Sie sich untereinander, vielen Dank.

Vier Prozent weniger Lohn

Hintergrund für den Streik sind die derzeit laufenden Tarifverhandlungen mit der Tarifgemeinschaft der Länder. Die Gewerkschaften fordern eine Gehaltserhöhung im Gesamtvolumen von 6 Prozent für die Angestellten des öffentlichen Dienstes. Sie verdienen im Schnitt vier Prozent weniger als die Angestellten bei Kommunen und beim Bund. Auch Angestellte in den Ämtern waren also zum Streik aufgerufen, ebenso Beschäftigte bei den Hochschulen und der Polizei – insgesamt 120.000 Mitarbeiter im öffentlichen Dienst.

Bei den ErzieherInnen geht es konkret um eine Lohndifferenz von etwa 430 Euro. Bei den angestellten Lehrkräften will die GEW die Lücke zu den Beamten, die nach einigen Berufsjahren bis zu 500 Euro betragen kann, durch tarifliche Zulagen ausgleichen.

In vielen Schulen war man offenbar von der Streikbereitschaft gerade auch der angestellten Lehrkräfte überrascht worden: Viele Eltern organisierten Ende letzter Woche die Großeltern noch lediglich für den frühzeitiger angekündigten Hortausfall am Nachmittag – nun hieß es vielerorts: Auch der Unterricht fällt aus. GEW-Landeschefin Doreen Siebernik sagte am Dienstagvormittag auf der zentralen Streikkundgebung am Alexanderplatz, zwölf Schulen seien ganz geschlossen worden.

Zwar muss es bei Warnstreiks grundsätzlich wenigstens eine Aufsicht, notfalls auch an einer anderen Schule geben – und die Senatsverwaltung für Bildung weist bei Lehrerstreiks auch stets darauf hin, dass „die Aufsichtspflicht gewährleistet“ sei. Tatsächlich schien es an der Kommunikation mit den Eltern dieses Mal aber ein wenig zu hapern, bestätigt auch GEW-Sprecher Markus Hanisch. Aus mehreren Schulen hätten Eltern rückgemeldet, dass es noch nicht einmal eine Notbetreuung gebe – oder sie zumindest nicht informiert wurden. Die Senatsbildungsverwaltung äußerte sich bislang nicht zu der Zahl der ausgefallenen Unterrichtsstunden.

Donnerstag wird verhandelt

Von den 277 landeseigenen Kitas blieb am Dienstag laut Gewerkschaftsangaben die Hälfte geschlossen beziehungsweise lief im Notbetrieb mit verkürzten Öffnungszeiten und weniger Personal. Insgesamt beteiligten sich, inklusive Lehrkräfte, laut GEW 8.000 Angestellte an der Arbeitsniederlegung.

Die dritte Verhandlungsrunde beginnt am Donnerstag in Potsdam. Sollte die Arbeitgeberseite dann kein „vernünftiges Angebot“ vorlegen, wie GEW-Sprecher Hanisch sagte, gehe man mit Selbstbewusstsein in weitere Streiktage.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.