Antisemitismus in Deutschland: Gazakrieg wühlt deutsche Juden auf

Zentralrat der Juden fordert von Muslimen mehr Einsatz gegen Antisemitismus. Der Publizist Grosser wirft jüdischen Verbänden blinde Parteinahme für Israel vor.

Zentralrats-Präsident Graumann auf einer Pro-Israel-Demo im Juli in Frankfurt am Main Bild: dpa

BERLIN epd | Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, wirft den muslimischen Verbänden vor, nicht genug gegen Antisemitismus zu tun. „Sie versprechen es, aber konkrete Schritte muss man mit der Lupe suchen“, sagte Graumann der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland verwahrt sich gegen diesen Vorwurf. Ihr Vorsitzender Aiman Mazyek verwies darauf, dass man sich in den islamischen Gemeinden in den Freitagsgebeten und im Austausch mit Jugendlichen sehr wohl mit Antisemitismus auseinandersetze. Mazyek mahnte aber auch an, klar zwischen Kritik an der israelischen Kriegspolitik und Antisemitismus zu unterscheiden.

Auf Demonstrationen gegen den Gazakrieg waren in den vergangenen Wochen auch judenfeindliche Parolen laut geworden. Zudem werden arabischstämmige Jugendliche verdächtigt, einen Anschlag auf die Synagoge in Wuppertal-Barmen verübt zu haben. Viele Juden in Deutschland seien deshalb stark verunsichert, sagte Graumann.

Die Kirchen haben deshalb jetzt zum Widerstand gegen Antisemitismus aufgerufen. In Frankfurt forderte der katholische Stadtdekan Johannes zu Eltz in seiner Predigt am Sonntag im Frankfurter Kaiserdom die Gläubigen eindringlich auf, die jüdische Gemeinde und ihre Mitglieder konkret zu unterstützen und sich „offensiv vor sie zu stellen“. Wer Juden in Frankfurt angreife, greife die Katholiken Frankfurts an, sagte zu Eltz.

Der deutsch-französische Publizist Alfred Grosser dagegen kritisierte am Sonntag im Deutschlandfunk auch die jüdische Gemeinden in Deutschland und Frankreich. „Das Schlimme ist die ständige totale Identifikation mit Israel, auch wenn Israel momentan große Kriegsverbrechen begeht“, sagte der französische Politologe, der 1925 als Sohn eines jüdischen Arztes in Frankfurt am Main geboren wurde und mit seinen Eltern nach Frankreich emigrierte. Ähnlich hatte sich zuvor schon der Lübecker Psychologe Rolf Verleger geäußert, der lange Mitglied im Direktorium des Zentralrats der Juden war, bevor er wegen dessen Haltung zu Israel zurück trat.

In Berlin und vielen anderen deutschen Städten, darunter Aachen, Mönchengladbach und Hagen, haben am Wochenende wieder mehrere hundert Menschen für ein Ende der Kämpfe im Gazastreifen demonstriert. Antijüdische Parolen wurden dabei nicht skandiert. Auch in Düsseldorf und Köln waren für Sonntag weitere Demonstrationen geplant.

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