Antifa-Jugendpfarrer muss vor Gericht: Jenas OB hofft auf Freispruch

Der Jugendpfarrer Lothar König aus Jena, der sich gegen Rechtsextremismus engagiert, muss jetzt vor Gericht: Er soll 2011 zu Gewalt angestachelt haben.

Muss sich vor Gericht verantworten: Lothar König (mitte) Bild: dapd

BERLIN taz | Dass die Nachricht ausgerechnet kurz vor Weihnachten kommt, überrascht Lothar König nicht. „Das passt einfach alles. Die sächsische Justiz verhält sich so, wie ich es von ihr erwarte.“ Ab März muss sich der Jenaer Stadtjugendpfarrer vor dem Amtsgericht Dresden verantworten.

Das bestätigte eine Gerichtssprecherin am Donnerstag der taz. Der Hauptvorwurf: schwerer Landfriedensbruch. Der 58-Jährige soll Demonstranten zu Gewalt angestachelt haben. Das Gericht hatte sich lange mit der Entscheidung Zeit gelassen, Anklage wurde bereits im Dezember 2011 erhoben.

Die Staatsanwaltschaft hat König schon länger im Visier. Zwischenzeitlich ermittelte sie wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung. Als im August 2011 sächsische Polizisten Königs Dienstwohnung in der Jeneaer Innenstadt durchsuchten, rief das heftigen Protest der evangelischen Kirche hervor und sorgte für Missmut zwischen den Landesregierungen von Sachsen und Thüringen.

18 Seiten umfasst die Anklageschrift, die der taz vorliegt. Darin wird Lothar König als Anheizer beschrieben, der eine linksautonome Menschenmasse zu Gewalt gegen Polizisten aufwiegelt und Strafttäter vor Strafverfolgung schützt. König soll mit seinem Lautsprecherwagen ein Polizeiauto abgedrängt und aggressive Musik abgespielt haben, führt die Staatsanwaltschaft aus. Gemeint ist: Musik von Ton Steine Scherben.

„Die Vorwürfe sind an den Haaren herbeigezogen“, sagt König der taz. Er könne eine Menge davon mit eigenen Videos widerlegen. „Aber wie soll ich mich gegen den schwammigen Vorwurf wehren, ich hätte Gewalt gegen Polizisten billigend in Kauf genommen?“

En Exempel statuiert?

König wurde nach dem Auffliegen der Terrorzelle NSU vor gut einem Jahr bundesweit bekannt. Journalisten standen Schlange, um ihn als Zeitzeugen zu befragen. Schon seit Jahrzehnten warnt er von der Gefahr, die von Nazis ausgeht. König arbeitet in der Jungen Gemeinde Stadtmitte in Jena vor allem mit jungen Erwachsenen. Bei seiner Arbeit eckt er immer wieder an, weil er sich nur wenig um gesellschaftliche Konventionen kümmert. Er hat einen langen Rauschebart und oft eine Zigarettenkippe im Mund. Wenn er mit Jugendlichen auf Demos fährt, trägt er schon mal eine Mütze mit Totenkopfsymbol.

Der Jenaer Oberbürgermeister Albrecht Schröter (SPD) weiß Königs Engagement zu schätzen. Er habe seine „ganze Solidarität“, sagt er der taz. Schröter hat die Sorge, dass im Fall Lothar König ein Exempel statuiert werden soll. Er befürchtet, dass mit einem politischen Prozess Menschen abgeschreckt werden sollen, die sich gegen rechts engagieren. „Ich hoffe, dass dieser Prozess mit einem Freispruch endet“, sagt Schröter.

Das Amtsgericht Dresden hat für März und April zunächst sechs Verhandlungstage angesetzt. Lothar König sagt, er setze voll auf Freispruch und werde sich auf keinen Deal einlassen. „Aber ich gehe davon aus, dass es bei diesem Filz in der ersten Instanz zu einer Verurteilung kommen wird.“

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