Anschlag in Nigeria: Bombenhorror an der Bushaltestelle

Mitten im Berufsverkehr explodiert die Bombe. Alles spricht für die Islamisten von Boko Haram als Täter. Die werden ständig stärker. Die Regierung ist hilflos.

Spezialkräfte untersuchen den Bombenkrater in Abuja. Bild: reuters

COTONOU taz | Die Bilder, die seit Montagmorgen aus Nigerias Hauptstadt Abuja im Internet rauf und runter laufen, zeigen Dutzende Tote, flüchtende Menschen, brennende Autos und aufsteigenden Qualm. Sie entsetzen Nigeria, denn diesmal ist der „Giant of Africa“ mitten ins Herz getroffen worden. Am Montagmorgen explodierten auf dem Busbahnhof Nyanya Motor Park am südlichen Rand der Stadt zwei Bomben und rissen Dutzende Menschen in den Tod. 71 Tote waren bis Montagnachmittag bestätigt, Augenzeugen sprachen von bis zu 200.

Bisher hat sich noch niemand zu dem Anschlag bekannt. „Doch jeder glaubt hier, dass Boko Haram dahintersteckt“, sagt Nnamdi Obasi, Nigeria-Spezialist der International Crisis Group. Für eine Täterschaft der islamistischen Terrorgruppe würde auch sprechen, dass Augenzeugen laut der Online-Zeitung Premium Times einen Selbstmordattentäter vermuteten. Andere Medien berichten über ein Auto, das kurz vor der Explosion auf den Busbahnhof fuhr.

Bewahrheitet sich das, dann hätte Boko Haram nach langer Zeit wieder einmal in Nigerias Hauptstadt zugeschlagen. Groß angelegte Anschläge sind in Abuja in der Vergangenheit ausgeblieben. In trauriger Erinnerung geblieben sind allerdings die Angriffe auf das Polizeihauptquartier sowie das UN-Gebäude im Jahr 2011, bei dem mindestens 26 Menschen starben.

In jüngster Zeit hatte Boko Haram vor allem entlegene Dörfer im äußersten Nordosten des Landes ausgewählt. Die Gruppe schlägt immer dort zu, wo es kaum Polizei- und Militärpräsenz gibt und sich viele Menschen mehr oder weniger sich selbst überlassen sind. Alleine in den vergangenen Tagen sollen zum Beispiel in der Nähe zur kamerunischen Grenze bei Angriffen 135 Menschen ums Leben gekommen sein.

Beschämend für die Sicherheitsdienste

Der Anschlag auf den Busbahnhof von Nyanya werde nun, so Nnamdi Obsai, als ein großer Rückschlag der Terrorismusbekämpfung der nigerianischen Regierung bewertet. Außerdem sei er beschämend für die Sicherheitsdienste. Denn Präsident Goodluck Jonathan hat sich den Kampf gegen den Terrorismus groß auf seine Fahnen geschrieben. Vor elf Monaten verhängte er in den drei nordöstlichen Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa den Ausnahmezustand, um mit groß angelegten Militärschlägen – dem Einsatz Tausender Spezialtruppen mit Unterstützung aus der Luft – die Islamisten wirkungsvoll zu schlagen. Von Erfolgsmeldungen aufseiten des Militärs hört aber schon lange niemand mehr.

Dennoch präsentiert sich Jonathan weiterhin gern als Terroristenjäger. So forderte er vor zwei Wochen während des Gipfeltreffens von AU und EU in Brüssel noch einmal, Unterstützer des internationalen Terrorismus zur Rechenschaft zu ziehen.

Wenige Stunden nach dem Anschlag verkündete Jonathans Sprecher, Reuben Abati, per Twitter, dass die Sicherheit in Abuja verstärkt werden soll. Viele Leser der Tweets fragen zynisch, warum so etwas erst nach einem Anschlag geschieht.

Orte wie der Nyanya Motor Park laden regelrecht zu Anschlägen ein. Denn jeden Morgen passieren viele tausend Menschen, die außerhalb der Hauptstadt leben, den Busbahnhof, weil sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit fahren. Mietpreise haben in Abuja in den letzten Jahren eine schwindelerregende Höhe erreicht. Das Pendeln und das Warten auf ein Sammeltaxi oder einen Minibus ist die einzige Möglichkeit, überhaupt das Büro zu erreichen.

Doch genau an belebten Haltestellen und Busbahnhöfen hat es bisher keine größeren Sicherheitsmaßnahmen gegeben. Seit den Anschlägen von 2011 gibt es auf den großen Einfahrtsstraßen ins Zentrum von Abuja zwar vermehrt Roadblocks, doch die sorgen jeden Tag für kilometerlange Staus, für mehr aber nicht. Lediglich Botschaften, Hotelanlagen und einige öffentliche Einrichtungen verschärften in den vergangenen Jahren ihre Sicherheitskontrollen.

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