Angriffe auf Juden: „Explosion des Hasses“

In Westeuropa ist die Anzahl der Angriffe auf Juden um fast 40 Prozent angestiegen. Schuld daran sind vor allem der Nahostkonflikt und die IS-Propaganda.

Bewachte Synagoge in Bremen. Bild: dpa

TEL AVIV ap | Angriffe auf Juden haben 2014 nach Erkenntnissen israelischer Forscher in aller Welt zugenommen – vor allem aber in Westeuropa. Die Gesamtzahl sei binnen eines Jahres um 38 Prozent auf 766 hochgeschnellt, heißt es in einer am Mittwoch an der Universität von Tel Aviv veröffentlichten Untersuchung. 2015 setze sich der Trend fort. Hintergrund sei unter anderem der Krieg Israels gegen die radikalislamische Hamas im Gazastreifen im vergangenen Sommer.

Frankreich war dem Bericht zufolge 2014 erneut Schauplatz der meisten antisemitischen Vorfälle. Von dort wurden 164 Angriffe gemeldet. Nicht enthalten ist der Überfall eines islamischen Extremisten auf einen jüdischen Supermarkt in Paris, bei dem im Januar vier Kunden getötet wurden.

Mosche Kantor, der Präsident des Europäischen Jüdischen Kongresses, sagte, das jüdische Leben habe einen „Wendepunkt erreicht“. Viele Juden hätten Europa bereits verlassen, andere wagten sich nicht mehr auf die Straßen.

Europäische Politiker hätten zwar zugesagt, die Sicherheit der jüdischen Gemeinden zu erhöhen. Doch auf paneuropäischer Ebene müsse mehr passieren, etwa durch den Austausch von Geheimdienstinformationen, strengere Gesetzgebung und dem Kampf gegen die weit verbreitete antisemitische Haltung in der Bevölkerung.

Die Forscher der Universität Tel Aviv zählten bei ihrer Auswertung verschiedene Arten von Angriffen auf Juden – von bewaffneten Überfällen bis hin zu Vandalismus. 2013 waren 554 Fälle registriert worden. Der Bericht erscheint jedes Jahr zum Holocaust-Gedenktag.

Neben dem 50 Tage währenden Krieg zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen gilt den Forschern auch die brutale Propaganda der sunnitischen Terrormiliz Islamischer Staat als Grund für den sprunghaften Anstieg. Der IS schaffe ein Klima des Hasses und der Gewalt und ermutige Muslime dazu, sich zu radikalisieren. Die Forscher verweisen darauf, dass die Zahl der Anschläge bereits vor dem Gaza-Krieg anzog.

Synagogen angegriffen

Zudem sei das Argument der israelischen Militäroffensive vorgeschoben, denn „Synagogen wurden angegriffen, nicht israelische Botschaften“, meint Dina Porat, Historikerin und Mitautorin des Berichts. Die jüdische Bevölkerung habe weltweit eine „Explosion des Hasses“ erlebt.

Nach Frankreich folgten Großbritannien mit 141 Übergriffen (95 im Vorjahr) und die USA mit 80 Vorfällen (nach 55). Andere Länder erlebten einen besonders starken Anstieg. In Deutschland, Belgien, Österreich und Schweden verdoppelten sich demnach die Fälle. Auch die Übergriffe auf Individuen nahmen drastisch zu. In 306 Fällen gab es Opfer. Das entspricht einem Anstieg von 66 Prozent.

2014 war damit das Jahr mit den zweithöchsten Zahl an Vorfällen im den vergangenen zehn Jahren. Nur 2009 war die Zahl noch höher, ebenfalls nach einem Krieg in Gaza.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.