Angebot für „Frankfurter Rundschau“: „Nicht ernst zu nehmen“

Ein türkischer Investor will die „Frankfurter Rundschau“ kaufen. Sagt er. Insolvenzverwalter und Redakteure halten das Angebot aber für unseriös.

Zwei Interessenten buhlen noch um die „Frankfurter Rundschau“ – einer davon ist Burak Akbay. Bild: dpa

BERLIN taz | Als „großes Nebelfeld“ bezeichnet ein Mitarbeiter der insolventen Frankfurter Rundschau (FR) die Verhandlungen über die Zukunft der Zeitung sowie der hauseigenen Druckerei. „Alle spielen gerade ihre Spielchen.“

Er meint damit die potenziellen Investoren, das türkische Medienunternehmen Estetik Yayincilik sowie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ). Obwohl das Amtsgericht Frankfurt am 1. Februar das Insolvenzverfahren gegen die FR eröffnete, seien bisher „keine konkreten Angebote eingegangen, sondern nur Absichtserklärungen“, so der Sprecher des Insolvenzverwalters Frank Schmitt.

Das Erscheinen der Zeitung ist zwar bis Ende Februar gesichert – es ist aber völlig unklar, wie es danach weitergeht. In den Plänen der FAZ spielt auch die Societäts-Druckerei eine Rolle, die wie die FAZ zur FAZIT-Stiftung gehört. „Aus wettbewerbsrechtlicher Sicht wird das so oder so der FAZIT-Stiftung zugerechnet“, so ein Sprecher des Bundeskartellamtes, das eine mögliche Übernahme der FR durch ihre Konkurrentin FAZ prüft.

Arbeits- oder steuerrechtliche Belange werden hingegen nicht vom Kartellamt geprüft. Doch genau diese Fragen – mit wie vielen Mitarbeitern die FR künftig erscheinen könnte und ob dementsprechend das Profil der Zeitung erhalten bliebe – sind für die FR-Mitarbeiter wie auch für viele Leser entscheidend.

Laut Medienberichten will die FAZ die FR nur als Regionalzeitung mit etwa 30 Redakteuren übernehmen. Inzwischen vermuten aber viele FR-Mitarbeiter, dass auch die rund 25 Redakteure bleiben könnten, die über die Leiharbeitsfirma „Pressedienst Frankfurt“ bei der FR tätig sind. Dennoch müssten in diesem Fall die rund 250 Mitarbeiter der Druckerei sowie etliche Verlagsangestellte und Redakteure gehen.

Der FAZ-Geschäftsführer Tobias Trevisan soll sich bereits über mögliche Synergieeffekte mit der Regionalzeitung Frankfurter Neue Presse (FNP), die zur Societäts-Druckerei gehört, geäußert haben. Bei überregionalen Themen könnten FR und FNP also künftig enger zusammenarbeiten. Die FAZ hält sich dazu bedeckt: „Wir wollen die Beratungen des Kartellamtes abwarten und uns vorher nicht äußern."

Verlockende Offerte

Ein Überleben der FR, „wie sie jetzt besteht“, hatte der Sprecher von Estetik Yayincilik vergangene Woche in der taz angekündigt. Man wolle die Zeitung und die Druckerei kaufen – allerdings würden dann Arbeitsplätze wegfallen. Angeblich könnten in der Redaktion aber rund 100 Stellen erhalten werden, so der Estetik-Inhaber Burak Akbay am Mittwoch.

Doch seinem Angebot schlägt Skepsis entgegen: Auf einer FR-Mitarbeiterversammlung soll Insolvenzverwalter Schmitt laut Verlagskreisen gesagt haben, dass die Absichtserklärung von Estetik Yayincilik „die formalen Kriterien nicht erfüllt“. Diese sei lediglich per E-Mail eingegangen.

„Wir haben Herrn Akbay aber mehrfach explizit aufgefordert, ein konkretes Angebot abzugeben“, so die Insolvenzverwaltung. Dem widerspricht der Estetik-Sprecher: „Von uns wurde bisher kein verbindliches Angebot verlangt.“ Dennoch wolle man „bis Anfang nächster Woche ein verbessertes und konkretes Angebot“ vorlegen.

Angebot nur ein Werbegag?

Viele FR-Mitarbeiter bleiben aber skeptisch: „Seit dieser Investor sein Interesse in einer Pressemitteilung öffentlich machte, die sich wie eine Selbstbeweihräucherung liest, ist er nicht mehr ernst zu nehmen“, so ein Redakteur. Tatsächlich wurde in besagter Mitteilung vom 29. Januar doppelt so oft der Name Sözcü erwähnt wie derjenige der Rundschau.

Sözcü ist eine große türkische Zeitung in Besitz von Estetik Yayincilik – und soll demnächst in Deutschland erscheinen. Also alles nur ein Werbegag? „Wir haben den Eindruck, dass die beiden verbleibenden Investoren ernsthaftes Interesse haben“, beschwichtigt die Insolvenzverwaltung.

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