Amerikaner erschießt Teenager: „Versuchter Mord“, aber kein Mord

In Florida feuert ein weißer Mann Schüsse in ein Auto, weil er glaubt, eine Waffe erkannt zu haben. Ein schwarzer Junge stirbt. Doch eine Jury fällt kein eindeutiges Urteil.

Michael Dunn nach dem Urteil der Geschworenen. Er will in Berufung gehen. Bild: reuters

JACKSONVILLE ap | Erneut ist im US-Staat Florida ein Weißer nach tödlichen Schüssen auf einen schwarzen Jugendlichen nicht wegen Mords verurteilt worden. Die Geschworenen am Gericht in Jacksonville fanden nach viertägigen Beratungen am Samstag kein einstimmiges Urteil gegen den 47-jährigen weißen Amerikaner Michael Dunn im Hauptanklagepunkt vorsätzlicher Mord. Allerdings verurteilten sie ihn wegen dreifach versuchten Mords. Das Strafmaß wird erst später bekanntgegeben.

Vor einigen Monaten war ebenfalls in Florida George Zimmerman, der den unbewaffneten schwarzen Jugendlichen Trayvon Martin erschossen hatte, freigesprochen worden. Die Folge waren massive Proteste im ganzen Land.

Dunn hatte den 17-jährigen Jordan Davis in einem Auto vor einem Laden in Jacksonville im Jahr 2012 erschossen. Dunn erklärte, er habe gemeint, im Auto eine Waffe auf ihn gerichtet gesehen zu haben. Deswegen plädierte er auf Notwehr. Zehn Schüsse gab er auf das Auto ab, in dem sich neben dem Opfer noch drei weitere Personen befanden. Eine Waffe wurde dort später nicht gefunden.

Die Staatsanwaltschaft ging davon aus, dass Dunn den Jugendlichen getötet hatte, weil er sich in einem Streit um zu laute Musik nicht ernst genommen gefühlt habe. „Der Angeklagte hat nicht in einen Wagen voll mit Menschen geschossen, um sein Leben zu retten. Er hat geschossen, um seinen Stolz zu retten“, hatte Ankläger John Guy argumentiert. „Jordan Davis hatte keine Waffe, er hatte nur eine große Klappe.“

Dunn wurde Mord vorgeworfen, dazu in drei Fällen Mord mit bedingtem Vorsatz sowie das Feuern mit einer Schusswaffe in ein mit Personen besetztes Fahrzeug. In den letzten vier Punkten befand ihn die Jury für schuldig. Dunn nahm das Urteil scheinbar ungerührt. Die Eltern des Opfers brachen in Tränen aus.

Staatsanwaltschaft plant erneute Anklage

Jeder versuchte Mord kann Strafen von 30 Jahren zur Folge haben. Wegen des Vorwurfs, auf das Auto geschossen zu haben, kann Dunn zu 15 Jahren Haft verurteilt werden. Der Termin, an dem das Strafmaß verkündet wird, soll in einer Anhörung im kommenden Monat bekannt gegeben werden.

Staatsanwältin Angela Corey sagte, ihre Behörde plane, Dunn nochmals wegen Mords anzuklagen. Sie hoffe, dass die Geschworenen den Staatsanwälten erklärten, in welchen Punkten sie den Fall bezweifelten. Die Geschworenen lehnten es ab, mit den Medien zu reden.

In Florida hatte es vor einigen Monaten einen ähnlichen Fall gegeben. George Zimmerman, weißes Mitglied einer Bürgerwehr, hatte im Februar 2012 den unbewaffneten schwarzen Jugendlichen Trayvon Martin erschossen. Zimmerman berief sich im Prozess ebenfalls auf Notwehr und wurde im vergangenen Juli freigesprochen.

Auch im aktuellen Prozess spielte eine mögliche rassistische Grundhaltung des Täters ein Rolle. So bezeichnete Dunn seiner Freundin gegenüber die Musik, um deren Lautstärke es den tödlichen Streit gab, als „Verbrecher-Musik“. Wie im Fall Zimmerman war die gleiche Staatsanwaltschaft zuständig.

„Ich glaube, der Fall wurde politisch ziemlich aufgeheizt“, erklärte Dunns Anwalt Cory Strolla und fügte hinzu: „In der Folge des Freispruchs für George Zimmerman ist der politische Druck ziemlich eskaliert.“ Dunn sei über das Urteil geschockt. Er könne es nicht glauben. Er plane, in Berufung zu gehen.

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