Alternatives Kulturzentrum Hasi in Halle: Abhängig von der SPD

Dem vor fast drei Jahren besetzten Haus droht ein Räumungsurteil. Die Politik könnte helfen, doch die SPD blockiert bislang eine Lösung.

Menschen vor der Hasi

Anlaufpunkt für viele: die Hafenstraße sieben – HaSi Foto: Capuze e.V.

HALLE taz | Auf der großen Holzterasse im Hof des Kulturzentrums Hasi sitzen vier Linke und verzweifeln an der SPD. Wieder einmal ist ihr Projekt akut bedroht, in das sie seit der Besetzung Anfang 2016 so viel Zeit und Energie gesteckt haben. Auch weil die Sozialdemokraten im Stadtrat dem alternativen Kulturort in der Hallenser Hafenstraße 7 ihre Unterstützung versagen, könnte am Freitag ein Gericht die Räumung beschließen.

Noch deutet in der Hasi nichts auf ein baldiges Ende hin. Die Terrasse, die man über eine steile Treppe erreicht und von der man an einer gehissten roten Fahne vorbei ins weitläufige Gelände schaut, ist mit Tischen und Stühlen vollgestellt. Drei Sommer haben Robin, Micha, Klaas und Joana, allesamt Mitbegründer des Projekts, hier schon verbracht. Wenige Tage vor dem drohenden Ende trinken sie in der Oktobersonne Espresso.

„Wir wollen das Projekt weiterentwickeln, statt immer nur Abwehrkämpfe zu führen“, sagt Robin Müller, der sich um die Pressearbeit des Nutzervereins Capuze e.V. kümmert. Schon im Februar hätten sie das Gelände räumen sollen, machten aber einfach weiter. Auch wenn nun das Gericht gegen sie entscheiden sollte, werden sie die Hasi wohl nicht freiwillig aufgeben.

Gemeinsam zählen die vier auf, was das Projekt bietet: Eltern-Kind-Cafè, Spielabend, Jam-Session und Volksküche finden wöchentlich statt. Der Sportraum mit den vier Boxsäcken wird für Selbstverteidigungskurse genutzt, im Bandproberaum im Keller kann sich jeder ans Schlagzeug setzen oder eine Gitarre zur Hand nehmen. Es gibt einen Seminarraum und eine Nähwerkstatt. Jeder Quadratmeter des zweigeschossigen Backsteingebäudes wird genutzt.

Auf dem verwinkelten Gelände finden sich ein auch noch ein Gemüsegarten, eine Fahrradwerkstatt und eine selbst gebaute Halfpipe. Während des Gespräches sind aus dem Amphitheater plötzlich Trommelklänge zu hören. Eine Gruppe von Nachbarn trifft sich zum Capoeira-Kurs.

Die vier Hasi-Mitbegründer, allesamt eher 30 als 20 Jahre alt, sind stolz auf das, was sie geschaffen haben. Mehrere hundert Menschen nutzen die Angebote regelmäßig. „Schade ist nur, dass Stadt und Wohnungsbaugesellschaft nicht den Wert dieses Projekts sehen“, sagt Micha, ein sportlicher Mann mit einer einzelnen Dreadlock-Strähne.

Klage der Eigentümerin

Die städtischen Wohnungsgesellschaft HWG, Eigentümerin des Geländes, hatte den im Januar ausgelaufenen Nutzungsvertrag nicht verlängert und klagt auf Räumung. Zudem hat sie einzelne ihr bekannte Personen wegen Hausfriedensbruch angezeigt. Bereits am Freitag könnte das Landgericht im Sinne der Eigentümerin entscheiden.

Die Linken berufen sich dagegen auf die vertragliche Zusage der HWG, „wohlwollende Gespräche“ über einen neuen Vertrag zu führen. Dazu jedoch sei es nie gekommen. Ihr Kaufangebot über 50.000 Euro wurde abgelehnt. Wegen des Denkmalschutzes des baufälligen Hauses und eines mit Schadstoffen verseuchten Bodens hat die Stadt den Wert auf Minus 200.00 Euro taxiert. Die Gesellschaft hofft dennoch darauf, das Grundstück zu einem hohen Preis verkaufen zu können.

Verhindern könnte das noch der Stadtrat, ausgestattet mit einer stabilen linken Mehrheit. Schon zweimal allerdings verhinderte die SPD eine politische Lösung. Im vergangenen Dezember scheiterte ein Antrag zur Anmietung des Geländes durch die Stadt an den SPD-Abgeordneten. Da halfen auch eine Demonstration mit 500 Menschen, eine Liste mit ebenso vielen Unterschriften oder Solidaritätsschreiben aus der Nachbarschaft nichts.

Im Februar stimmte die Mehrheit der Sozialdemokraten dann gegen einen Antrag, der die HWG per Gesellschaftsanweisung dazu verpflichtet hätte, die Hasi an ihre Nutzer zu verkaufen. Was Micha daran besonders ärgert: „Die SPD entzieht sich dem Diskurs.“ Bis heute wissen die Hasi-MacherInnen nicht, warum ihnen die SPD-Abgeordneten die Unterstützung verwehren, während Linke, Grüne und die Fraktion Mitbürger für Halle, aus deren Reihen auch der Oberbürgermeister kommt, für sie eintreten.

Der Stadtrat soll helfen

Das Hasi-Plenum hat die Hoffnung aber noch nicht aufgegeben. Im November will der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken im Stadtrat, Hendrik Lange, eine weitere Initiative starten. Auf Anfrage der taz bestätigte er: „Wir haben einen Antrag in Planung, der dafür sorgen soll, dass ein mögliches Räumungsurteil nicht sofort vollstreckt wird.“ Stattdessen solle es ein „moderiertes Gespräch zwischen HWG und Capuze e.V.“ geben.

Damit dieser Brückenschlag erfolgreich sein kann, müsste sich die SPD zumindest enthalten. Immerhin genießt Lange auch bei ihnen Vertrauen: SPD, Grüne und Linke haben sich auf ihn als gemeinsamen Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl im nächsten Jahr geeinigt.

Wenn alles nichts nützt, können die Hasi-Gegner triumphieren: Einige direkte Nachbarn, die sich mit Anzeigen und Beschwerden gegen das linke Projekt stark machen, die Rechtsextremisten der Identitären Bewegung, die in Halle ein eigenes Hausprojekt haben oder die CDU. Deren Innenminister in der sachsen-anhaltinischen Landesregierung, Holger Stahlknecht, hatte mit falschen Behauptungen über linksextremistische Gruppen und vermeintliche Anschlagspläne, die in der Hasi geschmiedet würden, Stimmung gegen das Projekt gemacht.

Anfang des Jahres musste bereits ein linkes Hausprojekt in Halle aufgeben. Micha, der seit 2001 in Halle wohnt, beobachtet seit mehreren Jahren, wie alternative Räume in der Stadt verschwinden. „Mit der Besetzung der Hasi hatten wir es gewagt, dem Schrumpfen etwas entgegenzusetzen“, sagt er. Die Arbeit gegen den Verlust des Projekts bezeichnet er als „Kraftakt“. Seine Energie würde er lieber in den Aufbau eines Schulgartens auf dem Gelände stecken.

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