Aigners Pläne für die EEG-Umlage: Preisbremse versus Schuldenbremse

Die bayerische Wirtschaftsministerin will den steigenden Strompreis deckeln. Doch ihr Vorschlag könnte gegen die Regeln zur Neuverschuldung verstoßen.

Windräder in Brandenburg: Aigner will die Kosten für die Energiewende begrenzen Bild: dpa

BERLIN taz | Rechtzeitig zur CSU-Klausurtagung in Wildbad Kreuth am Dienstag hat die bayerische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) einen Vorschlag aus dem Hut gezaubert, wie die aktuellen Kosten der Energiewende für die Verbraucher zu senken wären: Die EEG-Umlage solle gedeckelt werden, das zusätzlich erforderliche Geld über einen Kreditfonds finanziert werden. Klingt gut, stößt aber auf Skepsis im SPD-geführten Energieministerium in Berlin. Und widerspricht der Schuldenbremse, die ab 2016 für den Bundeshaushalt gilt.

Aigners Ministerium bestätigte einen Bericht der Süddeutschen Zeitung. Demnach prüft Aigner, ob die EEG-Umlage, mit der erneuerbare Energien finanziert werden, bei 4,9 Cent (derzeit 6,2 Cent) gedeckelt werden kann. Die Belastung für einen Durchschnittshaushalt, derzeit etwa 220 Euro, würde bei 170 Euro eingefroren. Der Rest der Kosten solle über einen „Fonds am Kapitalmarkt“ aufgebracht werden – also über Schulden, die getilgt werden sollen, wenn die EEG-Umlage unter 4,9 Cent sinkt. Bis 2025 könnten so zusätzliche Kosten von 72 Milliarden Euro auflaufen, zu bezahlen aus diesem „Streckungsfonds“.

Verbraucherschützer sind von der Idee angetan. Aus dem eigentlich zuständigen Bundesministerium für Wirtschaft und Energie unter SPD-Chef Sigmar Gabriel gab es keine offizielle Reaktion. Doch die Beamten des Hauses sehen den Vorstoß – wie auch ein ähnliches Konzept des ehemaligen CDU-Umweltministers Klaus Töpfer aus dem vergangenen Jahr – mit Skepsis: Damit würden die Kosten für die Energiewende in die Zukunft verlagert, heißt es. Vor allem aber „verstößt das gegen die Schuldenbremse“, meinte ein Beamter. Denn für den „Streckungsfonds“ müsse die öffentliche Hand neue Kredite aufnehmen. Da werde das Finanzministerium sein Veto einlegen.

Auch aus diesem Haus kommt zum CSU-Vorschlag keine offizielle Reaktion. Aber Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat klargestellt, dass es ab 2015 im Bundeshaushalt „Nullverschuldung“ geben soll. Und die 23 Milliarden Euro, die bis 2017 zusätzlich aus Steuereinnahmen zur Verfügung stehen sollen, sind für „prioritäre Maßnahmen“ der Infrastruktur, Bildung und Forschung bereits reserviert. „Andere Vorhaben müssen aus den jeweiligen Politikbereichen gegenfinanziert werden“, sagte Schäuble. Damit müssten also etliche Milliarden für den „Streckungsfonds“ anderswo abgeknapst werden.

Grüne kritisieren Aigner-Plan

Für die Energieexpertin der SPD-Fraktion, Nina Scheer, ist der Vorschlag ein „wichtiger Diskussionsbeitrag, darf aber nicht als Gesamtlösung missverstanden werden.“ Die EEG-Umlage sei nicht gleichzusetzen mit Strompreiserhöhungen. „Die Streckung der Technologieentwicklungskosten kann für die jetzige Generation zwar Entlastung bedeuten, aber auf Kosten zukünftiger Generationen. Ohne Energiewende im Wärme- und Verkehrssektor werden diese aber ohnehin zusätzliche Kosten tragen müssen.“

Auch Josef Göppel, CSU-Energiepolitiker, findet Aigners Vorstoß „vom Ziel her richtig“. Die hohen Investitionen für Erneuerbare könnten über die Jahre ausgeglichen werden. „Ich begrüße eine Debatte über die Perspektive fallender Kosten bei den Erneuerbaren“, sagte Göppel. „Ob das wegen der Schuldenbremse formell realisierbar ist, ist eine andere Frage.“

Grünen-Chefin Simone Peter sagte, Aigners Vorstoß verhindere eine Debatte über Ausnahmen von der EEG-Umlage. Deren Rücknahme könne Verbraucher „sofort um mehrere Milliarden entlasten“, so Peter. „An dieser unfairen Verteilung will die CSU aber nicht rütteln, sondern künftige Generationen zahlen lassen.“

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