AfDler über den Bundestagseinzug: „Einer der größten Erfolge seit 1945“

Der Dresdner Richter und AfDler Jens Maier freut sich auf den Bundestag. Er deutet die demokratische Geschichte Deutschlands zum Misserfolg um.

Ein Mann hebt die Hand und spricht in ein Mikrofon

Umdeutung im Nebensatz: der AfD-Politiker Jens Maier Foto: dpa

BERLIN taz | Ab nächster Woche wird Jens Maier wohl im Bundestag sitzen. Der Richter und AfD-Politiker aus Dresden ist auf Platz 2 seiner Landesliste. Dass er es schafft, dürfte so gut wie sicher sein. „Das ist ein Grund zur Freude“, sagt Maier auf einer Wahlkampfveranstaltung vor wenigen Tagen in Freital. Doch nicht nur das. Er sagt: „Wir stehen vor einem der größten Erfolge seit '45, liebe Freunde. Wir, eine patriotische Partei, eine wirklich patriotische Partei, ziehen in den Bundestag ein.“ Eine denkwürdige Zeitangabe.

Damit stellt er die AfD als direkte Nachfolgerin dieser früheren „patriotischen“ deutschen Partei dar, die NSDAP. Meint Maier das wirklich so? Was Maier genau meint, wissen wir nicht, denn die Anfrage der taz zu seinen Sätzen ließ er unbeantwortet.

Tatsächlich lassen seine Sätze Interpretationsspielraum: Vielleicht meint er „nur“, dass es nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges keine „wirklich patriotische“ Partei mehr in Deutschland gegeben hat. Doch im Umkehrschluss würde das dann doch bedeuten, dass er die Nazis für „Patrioten“ hält. Oder er meint, dass der Bundestagseinzug der AfD so bedeutsam ist, wie der Sieg der Alliierten gegen die NS-Diktatur – eine verquere Verharmlosung des Regimes.

Würde sich Maier so herausreden, stünde das in bester AfD-Tradition: Erst einen eindeutig zweideutigen Satz sagen, der vom rechten Publikum – und allen anderen – genau richtig verstanden wird, dann so tun, als würde er nur feindselig ausgelegt. Das tat schon Parteigründer Bernd Lucke, als er die NS-Vokabel „entartet“ verwendete, um über Demokratie und Parlamentarismus zu sprechen.

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Das tat Beatrix von Storch, die befürwortete, dass Flüchtlinge an der Grenze beschossen werden, und später von Luckes Nachfolgerin Petry damit verteidigt wurde, dass Waffengewalt natürlich das „letzte Mittel“ sei. Und so tat es auch der Rechtsextremist Björn Höcke, der das Holocaustmahnmal ein „Mahnmal der Schande“ nannte und später zu erklären versuchte, dass er nicht das Mahnmal schändlich finde, sondern meinte, dass es an eine Schande erinnere.

Eine historische Zäsur

Vieles wird „seit 1945“ gemessen, weil 1945 eine Zäsur der deutschen und der Weltgeschichte ist. Die UN spricht derzeit von der „schwersten humanitären Krise seit 1945“ und erst vor wenigen Jahren sprachen Forscher davon, dass es derzeit die meisten Kriege „seit 1945“ gibt. Das heißt: Davor gab es einen Ausnahmezustand, mit mehr Leid und mehr Krieg. Für deutsche Städte werden oft nur die Bürgermeister seit 1945 genannt. Denn die zwölf Jahre davor waren Ausnahmezustand, die Nazi-Bürgermeister waren illegitim.

Wenn Jens Maier diese Worte nutzt, macht er genau das Gegenteil: Er erklärt die demokratische Geschichte Deutschlands zum Ausnahmezustand. Davor gab es Patrioten, seitdem gab es keine nennenswerten Erfolge, wenn schon der Einzug einer Partei in den Bundestag als „einer der größten Erfolge“ gelten muss. Dass er so denkt, ist nicht neu: Im Januar behauptete er, „nach 1945“ sei den Deutschen „vor allem von den Westalliierten eingeredet worden, dass wir Sauhunde, Verbrecher, nichts wert sind“. Eine bemerkenswerte Verneinung der demokratischen Geschichte Deutschlands.

Was zwischen den Zeilen steht ist klar: Jens Maier denkt, 2017 folgt auf 1945, und die AfD folgt auf die NSDAP.

Die gesamte Rede von Jens Maier ist auf Youtube dokumentiert.

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