AfD-Abgeordnete in Berlin: Rechte Truppe mit biederem Anstrich

Berlins Landeschef Pazderski präsentiert sich gern als Kosmopolit. In der künftigen Fraktion tummeln sich aber viele äußerst rechte Abgeordnete.

AfD-Landeschef Pazderski und Bundeschefin Petry

Sieht aus wie eine Frontalopposition: Berlins AfD-Chef Pazderski und die Bundesvorsitzende Petry am Montag Foto: dpa

14,2 Prozent der Zweitstimmen, fünf Direktmandate, 25 Sitze im Abgeordnetenhaus, Anrecht auf Stadtratsposten in sieben Bezirken: Das ist die Wahlbilanz der AfD. Dritt- oder gar zweitstärkste Kraft zu werden, wie der Landesvorsitzende Georg Pazderski in den Tagen vor der Wahl fantasiert hatte, war für die RechtspopulistInnen nicht drin; auch ist das Ergebnis deutlich schlechter als zuletzt in Mecklenburg-Vorpommern oder Sachsen-Anhalt.

Trotzdem: Für eine Stadt wie Berlin, in der die Mehrheit linksliberal wählt, ist das ein gutes Ergebnis für die AfD, die hier vor einem guten halben Jahr politisch noch kaum eine Rolle spielte.

Die 22 Männer und drei Frauen, die künftig im Abgeordnetenhaus sitzen werden, geben ein gutes Bild der Berliner AfD ab, die immer noch heterogen ist, aber im Januar mit der Wahl des neuen Vorstands deutlich nach rechts rückte. Pazderski, der sich gerne „kosmopolitisch“ nennt, will, dass seine Partei als eine wahrgenommen wird, mit der man zusammenarbeiten kann. Er wolle „keine Frontalopposition“ bilden, sagte er am Montag.

In den Reihen seiner Fraktion finden sich aber auch Mitglieder, die mit einer Selbstverortung der Partei knapp rechts von der Mitte – und sei sie auch nur vorgeblich – wenig anfangen dürften: zum Beispiel der Junge-Freiheit-Redakteur Ronald Gläser, auch Sprecher des Landesverbands. Oder Andreas Wild aus Zehlendorf, der Flüchtlinge gern in Bretterverschlägen auf „ein paar Quadratkilometern Heide“ unterbringen würde.

Oder Thorsten Weiß, enge Kontakte zu Björn Höcke, der von einer „volksfeindlichen Politikerkaste“ spricht. Auch Gunnar Lindemann, Direktkandidat aus Marzahn-Hellersdorf und dort mehrfacher Teilnehmer rechtsextremer Aufmärsche. Und Kay Nerstheimer, der in Neu-Hohenschönhausen ein Direktmandat errang und noch 2012 als Berliner Chef der rechtsextremen German Defence League auftrat.

Wie schon bei vorausgegangen Landtagswahlen schnitt die AfD in der Gruppe der ArbeiterInnen und Arbeitslosen laut des Umfrageinstituts infratest dimap besonders gut ab. Unter den ArbeiterInnen – die von den Instituten nicht genau definiert werden – konnte sie mit 28 Prozent den höchsten Stimmenanteil gewinnen, bei den Arbeitslosen landete sie mit 22 Prozent hinter der SPD auf Platz 2. Dass die AfD bei Männern – 18 Prozent – erfolgreicher ist als bei Frauen – 11 Prozent – bestätigte sich in Berlin ebenfalls.

Wichtigstes Wahlmotiv für die AfD-WählerInnen war infratest dimap zufolge das Thema Flüchtlinge, gefolgt von der inneren Sicherheit, auf die die AfD im Wahlkampf besonders gesetzt hatte. Allerdings sind solche Angaben von begrenzter Aussagekraft: Ob etwa der Unmut darüber, dass ein Obdachlosenheim zu einer Flüchtlingsunterkunft werden soll, unter „Flüchtlingsthematik“ oder „soziale Gerechtigkeit“ zu verschlagworten ist, wird stark von der politischen Haltung des Umfrageteilnehmers abhängen.

Mit Abstand am meisten WählerInnen an die AfD verlor die CDU, gefolgt von SPD, Linke und Piraten. Von den Grünen wanderten erwartungsgemäß am wenigsten WählerInnen zu den RechtspopulistInnen über.

In den vier Ostbezirken Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf, Treptow-Köpenick und Pankow sowie in den Westbezirken Reinickendorf, Spandau und Neukölln hat die AfD als zweit- bis viertstärkste Kraft Anrecht auf einen Stadtratposten. Mit welchen Personen diese Posten besetzt werden sollen, ist in den meisten Bezirken noch völlig unklar.

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