Ägyptens Staatssicherheit aufgelöst: Ein Land ohne Stasi

Ägyptens verhasste Staatssicherheit wird aufgelöst. Sie überwachte die Bevölkerung, bespitzelte sogar die Präsidentenfamilie. Nach der Revolte hatte sie immer noch Einfluss.

Eine der zentralen Forderungen des ägyptischen Volkes erfüllt: Die Stasi wird aufgelöst. Bild: reuters

KAIRO taz | Eine der zentralen Forderungen der ägyptischen Revolution wird erfüllt: Die Staatssicherheit wird aufgelöst. Dies meldete am Dienstagabend Innenminister Mansur al-Issawi. An ihre Stelle solle eine neue Behörde treten, die sich auf Terrorismusbekämpfung beschränken und sich nicht in das Leben der Bürger einmischen solle.

Die Staatssicherheit war ein Staat im Staate und hatte mehr als 100.000 offizielle und knapp 300.000 inoffizielle Mitarbeiter. Ohne Haftbefehl konnte sie Personen festnehmen, die für Wochen oder gar Jahre in geheimen Folterzentren verschwanden. Sie manipulierte Parlaments-, Gewerkschafts- und Studentenratswahlen und führte geheime Akten über Politiker und Oppositionelle. Selbst die Präsidentenfamilie wurde bespitzelt.

Auch vor Terrorakten schreckte sie nicht zurück. So soll die Staatssicherheit für den Anschlag auf eine Kirche in Alexandria am Neujahrstag verantwortlich sein, bei dem 24 Menschen starben. Dokumente, die Demonstranten Anfang März beim Sturm auf Zentralen des Geheimdienstes fanden, legen nahe, dass die Staatssicherheit mit diesem Anschlag dem Westen die Bedeutung Ägyptens für den Kampf gegen den Terrorismus demonstrieren und die Kopten disziplinieren wollte.

Ende Januar waren die Staatssicherheit und die Polizei von der Bildfläche verschwunden. Seither hatte die Armee Sicherheitsaufgaben übernommen. Allerdings gab es Indizien für eine Reorganisation des Geheimdienstes. So sollen Agenten auch die Zusammenstöße zwischen Kopten und Muslimen in der vorigen Woche provoziert haben. Zudem gab es immer wieder Berichte darüber, dass die Staatssicherheit weiterhin großen Einfluss auf andere Sicherheitskräfte ausübte.

So beschwerten sich Polizisten in der Provinz Scharqiyya am östlichen Nildelta, dass Geheimdienstoffiziere ihnen unter Drohungen weiterhin Anweisungen erteilen und sie zu privaten Diensten zwingen würden. Und nach der Verhaftung dreier Geheimdienstoffiziere in Alexandria, denen vorgeworfen wurde, für den Schießbefehl auf Demonstranten verantwortlich zu sein, trat die örtliche Polizei in einen Solidaritätsstreik mit ihren ehemaligen Vorgesetzten.

Omar Afifi, ein ehemaliger Polizeimajor und Menschenrechtsaktivist, warnte kürzlich vor einem Komplott: Ehemalige Geheimdienstoffiziere planten Anschläge auf christliche Einrichtungen und Attentate auf Politiker. Auch die Beseitigung des ehemaligen Innenministers Habib al-Adli sei im Gespräch. Man befürchte, dass dieser zu viel preisgeben könne.

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