Abhörskandal in Frankreich: Das Diktiergerät lief immer mit
Expräsident Nicolas Sarkozy und seine Frau Carla Bruni klagen wegen geheimer Mitschnitte von Gesprächen. Sarkozy sprach nicht so nett über Kollegen.
PARIS taz | Im Skandal um heimliche Mitschnitte ihrer Gespräche werden Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy und seine Frau Carla Bruni-Sarkozy Anzeige erstatten. Es werde bald eine einstweilige Verfügung wegen Verletzung der Privatsphäre eingereicht, teilten die Anwälte von Sarkozy und seiner Frau am Donnerstag in Paris mit. Der einst enge Präsidentenberater Patrick Buisson hatte bei Gesprächen im Elysée-Palast, aber auch im privaten Rahmen, heimlich ein Diktiergerät mitlaufen lassen. Auszüge der Aufzeichnungen, die hunderte Stunden umfassen sollen, waren am Mittwoch in der Presse erschienen.
Sarkozy und seine Frau könnten nicht hinnehmen, „dass Äußerungen, die im privaten Rahmen getätigt wurden, aufgenommen wurden und ohne ihr Einverständnis verbreitet werden“, hoben die Anwälte des konservativen früheren Präsidenten hervor. Der Schutz des Geheimnisses privater Gespräche sei „eines der Fundamente unserer demokratischen Gesellschaft“.
Der Skandal um die mitgeschnittenen Gespräche hat die konservative Oppositionspartei UMP in Frankreich schwer erschüttert. Die Reaktionen prominenter UMP-Politiker reichten von Fassungslosigkeit bis Wut. Auch Sarkozy selbst soll wütend sein und sich verraten fühlen.
Auszüge einer solchen Aufnahme vom 26. Februar 2011 sind am Mittwoch von der Wochenzeitung Le Canard enchaîné sowie vom Onlinemagazin Atlantico veröffentlicht worden.
Wenig schmeichelhafte Aussagen Sarkozys
Darin ist namentlich von der damals bevorstehenden Regierungsumbildung die Rede, und Sarkozy äußert sich in nicht gerade schmeichelhafter Weise über gewisse Politiker seiner eigenen politischen Familie, der konservativen UMP. Es soll sich nur um eine kleine Auswahl handeln. Buissons Anwalt, Gilles-William Goldnagel, der zuerst die Existenz solcher Aufzeichnungen bestritten hatte, musste inzwischen deren Echtheit bestätigen.
Offenbar hat Buisson, der einst Chefredakteur des rechtsextremen Blattes Minute war und gegen Ende von Sarkozys Amtszeit als „graue Eminenz“ im Élysée galt, die internen Diskussionen aufgenommen, um später ein Buch zu schreiben. Auch wird heute vermutet, dass er mit diesen vertraulichen und zum Teil kompromittierenden Aussagen Material gegen seine internen Gegner sammeln wollte. Mehrere Sprecher der UMP äußerten sich empört über diesen Mangel an Respekt. Buissons ehemaliger Rivale im Élysée-Palast, Henri Guaino, sprach von einem „Vertrauensbruch“ und „einer Art Vergewaltigung“.
Einmal abgesehen vom Inhalt der Gespräche, ist diese Affäre für den früheren Präsidenten peinlich. Sie erweckt den Eindruck, dass Sarkozy nicht über genügend Autorität und Umsicht verfügte, um loyale Mitarbeiter auszuwählen. Das wäre Grund genug für Kommentare voller Schadenfreude von links. Der Parteichef der Sozialisten, Harlem Désir, und die Regierungssprecherin Najat Vallaud-Belkacem, sehen ein gravierendes „Sicherheitsproblem“ bei der früheren Staatsspitze und erwägen die Einsetzung einer parlamentarischen Untersuchungskommission.
Leser*innenkommentare
oje
Gast
Sarkozy war demnach ein gravierendes Sicherheitsrisiko.
Man stelle sich vor, dieser
Herr Buisson hätte mit seiner
Tücke auch Atombombencodes bekommen können oder den Zugang
zu den Atomkoffern oder Sarkozy
durch Drogen gefügig machen können für alles!
Es ist auch überhaupt nicht zu verstehen, warum er eine Frau, wie Carla Bruni wollte, die sich nach einen Mann mit
atomarer Vernichtungsmacht sehnte und dies auch noch in
den Zeitungen veröffentlichen ließ.
Und dann auch noch die Affäre
mit Bettencourt und ihren Briefumschlägen voll Geld
und der Wahlkampfförderung durch Gadaffi, den er dann mit jagte, um von der externen
Demokratiesteuerung in Frankreich abzulenken.
Das sind alles schlechte Indizien und am Ende kamen
die Islamisten auch noch an Chemiewaffen ran!
Ich hoffe Frankreich ist weise
und macht das Experiment Sarkozy
nicht noch einmal!
Generell finde ich Präsidenten, die in neuen Liebesromanzen schwelgen zwar sympathisch, aber unreif. Sie werden damit sehr verwundbar und das ist für ein Land nicht gut.
Die Aufnahmen sind nicht völlig belanglos, denn nach deutschen Maßstäben ist Herr Sarkozy eine Person von öffentlichen Interesse.
Straftatbestände der Korruption
und anderer Verbrechen sollten schon erfaßt werden, wenn er wieder Präsident werden will, hat das Volk ein Recht darauf
seine kriminelle Vergangenheit zu erfahren.
Ich fand auch seine Politik nicht gut. Die von ihm mit Frau
Merkel initiierte Griechenlandrettung war falsch
und eine Art Insolvenzverschleppung und eventuelle Wahlverschiebungen
in Griechenland durch Frau Merkel waren illeligitim.
Das hätte auch Herr Sarkozy klar ansprechen müssen.
nzuli sana
Je trouve ça genial:
il nous transmet tous les messages.
Ich finde das die beste Lösung: die Regierung hört sich selbst ab und die Polizisten betrinken sich auf der Straße, weil sie Ferien haben.
Frankreichs Sarkozy ist wirklich ein Vorbild.
Rainer B.
Politiker haben administrative und repräsentative Funktionen zu erfüllen. Was sie privat denken und reden, ist politisch völlig belanglos. Sie haben eine festgelegte Rolle möglichst gut auszufüllen. Wer an die politische Brisanz der Privatgespräche von Politikern glaubt, liegt deshalb genauso falsch wie der Wähler, der seine Stimme nach Sympathie vergibt. Im übrigen ist das Abhören bzw. Mitschneiden von Gesprächen ohne Einverständnis der Beteiligten grundsätzlich unzulässig.