Abgeordnetenbesuch auf Militärbasis: Déjà-vu in Jordanien

Der Streit um das Besuchsrecht von Parlamentariern bei Bundeswehrsoldaten geht in die nächste Runde. Diesmal stellt sich aber nicht das Gastland quer.

von der Leyen in al-Asrak

Sie durfte schon: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen war im Mai in al-Asrak Foto: dpa

BERLIN taz | Das Kapitel Incirlik hat die Bundeswehr fast abgeschlossen. Der letzte deutsche Tornado hob am Montag vom türkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik ab. Die verbliebenen Soldaten packen ihr Equipment gerade in Container für die Verlegung nach Jordanien, von wo aus die Bundeswehr ihren Anti-IS-Einsatz fortsetzt.

Während der Umzug auf den jordanischen Stützpunkt al-Asrak noch läuft, bahnt sich in Deutschland bereits der nächste Streit um Besuche deutscher Abgeordneter an. Diesmal legt aber nicht die Regierung des Gastlands ein Veto ein. Stattdessen stellen sich Koalition und Regierung in Berlin quer.

Der Linkspartei-Abgeordnete Alexander Neu beantragte im Verteidigungsausschuss schon vor Wochen eine Reise nach Jordanien. Er will die Bundeswehrsoldaten besuchen, die bereits vor Ort sind: das Vorauskommando für die Tornados und die Besatzung eines Airbus-Tankflugzeugs, das seit Anfang Juli in al-Asrak stationiert ist.

Mit der Reise will Neu prüfen, ob die jordanische Regierung mit dem Besuch deutscher Abgeordneter tatsächlich weniger Probleme hat als die türkische. „Man muss das Besuchsrecht austesten, bevor die Bundeswehr vollständig verlegt ist. Wenn sich herausstellt, dass sich Jordanien genauso anstellt wie die Türkei, ist die Verlegung ein Nullsummenspiel“, sagt der Verteidigungspolitiker.

Das Problem: Offiziellen Dienstreisen müssen laut Bundestagsrichtlinien die Obleute der zuständigen Fachausschüsse zustimmen. Im Verteidigungsausschuss beantragte Neu erst eine Delegationsreise mit Vertretern aller Fraktionen, dann eine Reise als einzelner Abgeordneter. Beides lehnten die Obleute der Koalitionsfraktionen ab. Weil die Verlegung nach Jordanien noch nicht abgeschlossen ist, kommt ihnen der Besuch zu früh.

Besuch nach der Wahl

„Wir haben gesagt, die Truppe sollte auch schon dort sein und dann fliegen wir gleich zu Beginn der neuen Legislatur gemeinsam als Obleute hin“, sagt der SPD-Abgeordnete Rainer Arnold. Weil ein gemeinsamer Besuch „auf Sicht und zum geeigneten Zeitpunkt“ sowieso geplant sei, habe er dagegen gestimmt, dass Neu schon jetzt auf Bundestagskosten eine Dienstreise startet. Unabhängig davon könne der Kollege aber jederzeit auf Kosten der Linksfraktion nach Jordanien fliegen.

Das würde Neu gerne machen, aber auch der Bundesregierung kommt der Reisewunsch zu früh. Das Verteidigungsministerium will dem Abgeordneten den Besuch bei den Soldaten auch dann nicht ermöglichen, wenn die Fraktion den Flug bezahlt. „Alle vor Ort befindlichen Kräfte des Einsatzkontingentes werden gegenwärtig zur schnellstmöglichen Herstellung der Einsatzbereitschaft – wie mit unseren Verbündeten abgestimmt – dringend benötigt“, sagt eine Sprecherin. „Eine derartige Reise kann daher erst nach Herstellung der vollen Einsatzbereitschaft durchgeführt werden.“

Also muss Neu abwarten – auch wenn sich der Abgeordnete damit schwer abfinden kann. „Als Obmann der größten Oppositionspartei muss es mir möglich sein, die Bundeswehr vor Ort zu besuchen“, sagt er.

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