ARD-Film „Storno – Todsicher versichert“: Witzig gemeinte schlechte Witze

Coen-Brüder? „Indien“? Mit „Storno – Todsicher versichert“ hat Jan Fehse einen schwarzhumorigen Film für die ARD leider nur versucht.

Alles als schlechter Witz gemeint: Szene aus „Storno – Todsicher versichert“. Bild: BR/Barbara Bauriedl

Wer sich selbst oder gar seinen Mitmenschen Fragen stellt wie die, ob das Leben nun wie eine Pralinenschachtel ist (man weiß nie, was man bekommt) oder doch eher wie eine Klobrille (man macht viel durch) – dem sei versichert, das er ist mit diesem Film und seiner Tonlage gut bedient sein wird.

Denn todsicher wird er es sogar lustig finden, wenn Axel Stein als Chef einer nach Christian-Lindner-Fanclub aussehenden Truppe jungschnöseliger Versicherungsvertreter in dunklem Anzug, mit gelbem Binder ulkt: „Ich dulde hier weder Gleitzeit noch Gleitgel!“

Schon klar: das ist natürlich als schlechter Witz witzig gemeint, auf die Von-hinten-durch-die-Brust-ins-Auge-Weise. Um Stein schon mal gleich zu Anfang als veritablen Widerling einzuführen. Um den es nicht schade sein wird. Um dem Zuschauer unmissverständlich zu verklickern, was der von Max Riemelt („Im Angesicht des Verbrechens“) gespielte Held, der einzige Anzugträger ohne (gelbe) Krawatte, erst am Ende erkennt: „Versicherungen sind einfach nicht meine Welt.“

Denn Versicherungsvertreter sind auch nichts anderes als Drückerkolonne. Stein: „Wenn wir in zwei Wochen hier fertig sind, ist das hier komplett DVB-Land. Keine Hütte, die nicht von uns versichert ist, und keine Menschenseele ohne Lebensversicherung von uns! Verstanden!“

„Storno – Todsicher versichert“, 20.15 Uhr, ARD.

Die Ochsentour von Haustür zu Haustür bietet nun Gelegenheit, ein paar herrlich skurril gewollte 1A Landeier vorzuführen, ausnahmsweise nicht am norddeutschen, sondern am niederbayerischen Arsch der Welt. (Immerhin kommt der Held aus Stralsund.)

Oma und der Krieg

Zum Beispiel die Oma, die immer nur vom Krieg faselt: „Im Krieg ging alles kaputt. Obwohl wir nichts gehabt haben.“ Den einarmigen Wirt (Alexander Held), der tagtäglich etliche Gläser zerdeppert, mit dessen liebreizender Tochter (Amelie Kiefer) der Held schnell anbandelt. Den Balkan-Schlawiner (Eisi Gulp) mit dem besonderen Geschäftssinn: „Mädchen, musst du verstehen! Willst du Auto verkaufen, bekommst du Geld. Willst du Auto loswerden, dann musst du zahlen. So läuft der Business.“ Das Mädchen (Jeanette Hain) hat einen kranken Vater und eine Meise und träumt von Australien: „Da fliegen bunte Sittiche frei rum, wie bei uns die Spatzen.“

Dass die Australien-Pläne konkret werden, dass das Auto weg muss und nicht nur das, dass zwei Menschen sterben müssen, hängt mit der Lebensversicherung zusammen, die der Held unbedingt verkaufen muss, die das Mädchen ihm unbedingt abkaufen will. Und mit der Gesundheitsbescheinigung vom Arzt, die sie dafür unbedingt brauchen. Und mit dem Chef der Drückerkolonne, der die Provision dafür unbedingt selbst einstreichen will. Und mit einem Sack mit kugelförmigem Inhalt: „Den Kopf fressen die Schweine net, der muss a weg!“

Und was das süße kleine Ferkel, das immer wieder auftaucht, damit zu tun hat: egal. Denn bei dieser Art Film ist es natürlich völlig wurscht, wenn der Plot hanebüchen und das Personal Knallchargen sind. So ist es ja gedacht.

Hader, Dorfer

Allein, es müsste komisch sein. Richtig abgründig komisch. So wie zum Beispiel bei den amerikanischen Coen-Brüdern („Fargo“), die hier möglicherweise offensichtlich als Paten imaginiert und mit den Mitteln des öffentlich-rechtlichen deutschen Fernsehens imitiert wurden.

Oder wie zum Beispiel bei „Indien“, jenem Film mit Josef Hader und Alfred Dorfer, deren Odyssee als Hygiene-Inspektoren in die Gasthäuser am niederösterreichischen Arsch der Welt führte. Und nicht nur so halbkomisch, halbschwarz, halbtrocken, halbgar wie Jan Fehses dritte Regiearbeit (nach „In jeder Sekunde“ und „Jasmin“), von den Autoren Georg Ludy und Nils-Morten Osburg auch ein bisschen zu vorhersehbar konstruiert.

Keine Pralinenschachtel: Man weiß immer, was man bekommt.

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