20. - 31. Juli 2014 (Reise fällt leider aus): Rumänien

Reiseleitung: Keno Verseck

Eine Wehrkirche in Biertan, Siebenbürgen Bild: Transilvania

Klausenburg - Schäßburg - Dorna Watra - Voronet (Bukowina)
Kooperationspartner dieser Reise: Bildungswerk Berlin

Reisenden in Rumänien wird schnell deutlich, wie vielschichtig das Land ist und wie wenig es sich auf Klischees reduzieren lässt. In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat Rumänien einen so tiefgreifenden Wandel durchgemacht wie wenige andere europäische Länder.

PROGRAMM 

PREISE UND LEISTUNGEN

LITERATUR ZUM EINLESEN

 

PREIS: 1.460 €  (DZ/HP/ohne Anreise)

VERANSTALTER: transilvania. aktiv- und kulturreisen, Minden; 0571-388 39 940; reisen@transilvania-aktiv.de

Die Reise kann nur beim Veranstalter gebucht werden.

Von einem der ärmsten, politisch und kulturell isoliertesten und sozial verelendetsten Länder der Welt, zu dem es Ende der achtziger Jahre durch die Irrsinnsdiktatur von Nicolae Ceauşescu geworden war, hat es sich heute zu einem Land entwickelt, das in allen Bereichen längst wieder Anschluss an Europa gefunden hat.

Keno Verseck, taz- und Buchautor ("Rumänien" in der Beck´schen Länderreihe)

Rumänien ist selbstverständlich EU-Mitglied, westeuropäische Investoren, darunter viele deutsche Mittelständler, kommen gern in das Land, rumänische Schriftsteller, Filmemacher und Musiker finden längst wieder Beachtung in Europa.

Rumänien ist vor allem ein Land großer Kontraste und Gefälle, allenthalben entsteht der Eindruck, das Land existiere zugleich in mehreren Jahrhunderten und Epochen. Inmitten wunderschöner, nicht flurbereinigter Landschaften, inmitten idyllischer Dörfer und Städtchen, die anderswo eher in nostalgischen Bildbänden oder historischen Filmkulissen zu bewundern sind, stehen schnell hochgezogene Neubaublocks und riesige Fabriken, errichtet unter der kommunistischen Diktatur.

Bild: Bernd Otten

In abgelegenen Dörfern empfangen die Bewohner Satellitenfernsehen, während sie zugleich nach jahrhundertealten Traditionen leben und produzieren. In den Großstädten entstehen ultramoderne Glas- und Stahlbauten, immer neue Supermarktketten eröffnen Filialen, doch die Vororte haben keine Kanalisation.

Es gibt längst in jeder größeren Gemeinde Internetzugang, aber fast nirgendwo im Land ein heiles Wasserleitungsnetz; viele Dörfer sind nicht einmal elektrifiziert und wegen der schlechten Schotter- oder Sandwege nur zu Fuß oder mit dem Pferdewagen erreichbar.

In Siebenbürgen werden diese Kontraste und Gefälle in besonderem Maße sichtbar. Gegenden wie das Szeklerland und die Bukowina wirken bisweilen wie große Museen, haben sich seit Jahrzehnten oder Jahrhunderten wenig verändert.

Viele Städte und Gemeinden in dem Teil Rumäniens, durch den die Reise führt, wirken zugleich wie wertvolle Museen und Mahnmale industrieller Modernisierungswut. Die Architektur der alten siebenbürgischen Innenstädte ist vom Stil der Habsburger Monarchie geprägt, weist aber auch ihre Eigenheiten auf. An den Bauten einzelner Städte, an Wohnhäusern und Gehöften, Burgen, Stadtbefestigungen, Kirchen und Synagogen, ist zu erkennen, dass hier viele Nationalitäten zusammengelebt haben oder noch zusammenleben – neben Rumänen auch Ungarn, Roma, Deutsche, Armenier, Juden, Serben, Ukrainer und andere.

Straßenszene in Sighişoara (Schässburg). Bild: Bernd Otten

Zugleich sind die Orte vom Abriß- und Systematisierungswahn der Ceauşescu-Diktatur gezeichnet. Exemplarisch zu sehen ist das bei einem Besuch in Sighişoara, zu deutsch Schäßburg, gegründet im 13. Jahrhundert von sächsischen Siedlern.

Die spätmittelalterliche Festung der Stadt mit gotischer Kirche, Wehrtürmen, Burganlagen und Wohnhäusern ist das einzige noch erhaltene architektonische Ensemble dieser Art in Siebenbürgen und zählt zu den herausragenden Sehenswürdigkeiten des Landes. Doch auch hier hat die Ceauşescu-Diktatur ihre Spuren hinterlassen: Teile der Altstadt wurden abgerissen, hässliche Neubauten errichtet, einige davon ausgerechnet von Ceauşescus Chefarchitektin Anca Petrescu, die selbst aus Sighişoara stammt.

Multiethnische Bukowina

Faszinierend und komplex ist auch die multiethnische Geschichte und Gegenwart der Regionen, durch die die Reise führt. Seit Jahrhunderten wird das Leben hier von vielen Religionen und Nationalitäten gleichermaßen geprägt. Trotz minderheitfeindlicher Politik im Groß-Rumänien der Zwischenkriegszeit und unter dem Nationalkommunismus war und ist es bis heute üblich, dass Schulbildung zum größten Teil in der jeweiligen Muttersprache stattfinden kann und darf. Vor allem in der Bukowina lebten seit Jahrhunderten Angehörige verschiedenster Völker zusammen.

Unter österreichischer Herrschaft (1774 – 1918) wurde die Bukowina zu einem Land, in dem ethnische, religiöse, sprachliche und kulturelle Toleranz herrschte. Unter dem rumänischen Faschismus wurden, mit deutscher Hilfe, die meisten Juden vernichtet, die jüdische Kultur der Bukowina wurde zerstört. Der Dichter Paul Celan erinnerte sich nach dem Krieg an die Bukowina als eine „Landschaft, in der Menschen und Bücher lebten“. Heute erinnern verlassene Synagogen und Friedhöfe an die Vergangenheit, nur noch wenige Juden leben in den ehemaligen Schtetlech der Bukowina.

Bild: Bernd Otten

Auch der rumänische Nationalkommunismus beeinträchtigte das Zusammenleben der Völker in Siebenbürgen nachhaltig. Besonders Ceauşescu betrieb eine harte Assimilierungspolitik, bereits unter seiner Herrschaft wanderten die meisten Juden, die den Holocaust überlebt hatten, aus. Der fast vollständige Exodus der sächsischen und schwäbischen Bevölkerung fand schließlich 1990 bis 1992 statt, so  bilden heute Ungarn und Roma die großen prägenden Nationalitäten Siebenbürgens.

In der siebenbürgischen Metropole Cluj (Klausenburg), ein Zentrum ungarischer Kultur in Siebenbürgen, ist exemplarisch zu erfahren, wie der ultranationalistische, anti-ungarische Bürgermeister Gheorghe Funar, der die Stadt von 1992 bis 2004 regierte, die multiethnische Tradition auszulöschen versuchte und wie er schließlich scheiterte – auch dank des zivilen Geistes und so mancher Bürgerinitiativen der Stadtbewohner.

Eines der größten gesellschaftlichen Probleme, das Rumänien noch lösen muss, ist die Inklusion der zwei Millionen Roma im Land, von denen viele in Siebenbürgen leben. Hierbei geht es nicht in erster Linie um Minderheitenprobleme, sondern vor allem um sozialökonomische Probleme. Die Roma sind eine sehr heterogene Minderheit mit großen Unterschieden in Sprache/Dialekten, Traditionen, Religion und Kultur. Gemeinsam ist ihnen jedoch, dass die große Mehrheit in ärmsten Verhältnissen und ohne Bildung lebt.

Es sind im heutigen Rumänien sehr oft Initiativen einzelner Bürger oder nicht-staatlicher Vereinigungen, die gesellschaftliche Probleme überhaupt erst publik machen oder sie zu lösen versuchen. Umgekehrt erweist sich der Staat oft zu schwach, zu unwillig, unfähig oder desinteressiert, um Probleme zu lösen. Das zeigt sich unter anderem an zwei Aspekten des Umweltpolitik in Rumänien. Das ist zum einen das Problem der Waldrodungen in den Karpaten, zum anderen das Problem der giftigen Bergbaurückstände, die überall im Land ungesichert lagern.

In beiden Fällen tut der Staat wenig, sind es Umweltschützer, die immer wieder auf den Raubbau an der Natur aufmerksam machen. Jenseits aller Hinterlassenschaften der Diktatur, aller sozialen, Umwelt- und Nationalitäten-Probleme bietet Siebenbürgen auch einzigartige Kunst- und Kulturschätze, deren Besichtigung bei keiner Reise fehlen darf: die sächsischen Kirchenburgen, die von außen bemalten orthodoxen Klöster der Bukowina und der Moldau, von denen jeweils einige ausgewählte zum Unesco-Weltkulturerbe zählen.

Kloster Voronet in der Bukowina (Ausschnitt). Bild: Bernd Otten