1:3-Niederlage des 1. FC Köln in London: Der FC auf großer Reise

Der 1. FC Köln fängt sich beim FC Arsenal London eine Niederlage ein. Die Gästefans hält das nicht davon ab, ihren Ruf als Chaotentruppe zu festigen.

Fußballspieler stehen vor Fans mit Leuchtraketen

Da staunt selbst Per Mertesacker (r.): Kölner Fans machen Rabatz Foto: reuters

LONDON taz | Die Leute mochten gar nicht mehr loslassen von dieser süßesten Niederlage, die der 1. FC Köln in der jüngeren Vergangenheit zu ertragen hatte. Irgendwann gegen Mitternacht musste ein Stadionsprecher die singende Masse zum Gehen auffordern, doch die Kölner feierten einfach immer weiter, diese erste Europapokalnacht seit 25 Jahren sollte einfach nicht zu Ende gehen. Zwar war auch eine Menge schiefgegangen auf diesem Betriebsausflug zum FC Arsenal: Neben einer verdienten 1:3-Niederlage haben die Kölner Fans ihren Ruf als unkontrollierbare Chaotentruppe gefestigt. Aber sie bringen eben auch ein Erlebnis mit von der Insel, von dem sie noch ihren Enkeln erzählen können. Inklusive eines faszinierenden Moments wilder Ekstase.

Als Jhon Cordoba in der 10. Minute seinen Schuss aus 35 Metern über den weit vor dem Tor stehenden Arsenal-Torhüter David Ospina zum 0:1 versenkte, flippte das Stadion aus, das sich am Ende trotz der offiziell nur 3.000 nach Köln verkauften Karten fest in rheinischer Hand befand. „Sie waren sehr clever, ich weiß nicht, wie sie das gemacht haben, aber sie haben das Publikum infiltriert, sie waren überall“, sagte Arsene Wenger später mit einem anerkennenden Lächeln auf den Lippen. Der Trainer des FC Arsenal hätte sich darüber ärgern können, doch der erfahrene Fachmann hatte gespürt, dass sich hier etwas sehr Besonderes ereignet hatte. Die Kölner hatten ein faszinierendes Fußballfest gefeiert.

Schon am Nachmittag waren mehr als 10.000 Anhänger auf den Highbury Fields zusammengekommen, um zu singen und zu trinken, die kindlich-naive Euphorie war geradezu rührend. Allerdings waren die für die Sicherheit verantwortlichen Vertreter des FC Arsenal genauso schlecht vorbereitet auf diese insgesamt bis zu 20.000 Verrückten mit dem Geißbock im Herzen wie die Polizei. Als die Fans sich am Abend zum Stadion bewegten, wurde die Lage unübersichtlich.

Neben den 3.000 Leuten, die auf offiziellen Wegen Eintrittskarten für den Gästeblock erworben hatten, gab es Tausende Kölner mit Tickets vom Schwarzmarkt oder ganz ohne Karten. Auf allen Kanälen war tagelang davor gewarnt worden, mit Trikot, Schal oder sonst wie als FC-Anhänger erkennbar in Sta­dion­bereiche jenseits des Gästeblocks zu gehen, das wurde offenbar nicht ernst genommen von den Leuten im FC-Rausch. Rund 50 Kölner versuchten einen Blocksturm, es kam zu Staus und Sperrungen auf den Wegen zur Arena, auch die Arsenal-Anhänger kamen nicht mehr durch. Deshalb wurde der Anpfiff um eine Stunde verschoben, sogar eine Spielabsage stand ernsthaft zur Debatte, berichtete Wenger. Sein Kollege Peter Stöger sagte nur: „Kein Kommentar.“

Gästefans durften in Heimpublikum-Blöcke

Irgendwann gaben die Engländer dann den Plan auf, keine Gästefans in Blöcke fürs Heimpublikum zu lassen, klugerweise. Die Alternative wäre gewesen, dass Hunderte Frustrierte mit legal erworbenen Karten ausgesperrt geblieben wären. Am Tag danach veröffentlichte der FC Arsenal ein Bulletin, in dem sie versicherten, dass „Sicherheit jederzeit oberste Priorität“ genossen habe.

Dass so viele Dauerkarteninhaber und Arsenal-Mitglieder ihre Tickets an die Gäste verkauft hatten, sei „sehr enttäuschend“ hieß es, der großen Mehrheit der Kölner kann man aber keinen Vorwurf machen. Es ist nicht verboten, Eintrittskarten von Arsenal-Mitgliedern zu kaufen, und dann ins Stadion zu gehen auch. Allerdings hat die zur Gewalt neigende Fraktion aus dem Umfeld des Klubs durch den versuchten Blocksturm und diverse Handgreiflichkeiten mit Sicherheitsleuten großen Anteil an der zwischenzeitlichen Eskalation.

In der Bilderwelt des Internets dominieren deshalb mal wieder die Aufnahmen von den chaotischen Momenten, aber in Wahrheit haben die Kölner nicht nur sich selbst, sondern auch den Londonern eine denkwürdige Fußballnacht beschert.

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