100 Jahre Novemberrevolution: Widerstand aktivieren

Das Museum Friedrichshain-Kreuzberg erinnert an die Novemberrevolution im Bezirk – und motiviert auch heute zu Widerstand.

Die Eingangstür zum Museum Friedrichshain-Kreuzberg steht offen

Startet hier die Revolution von morgen? Foto: Friedrichshain-Kreuzberg Museum

BERLIN taz | „Wie viel Potenzial zum Widerstand hast du, auf einer Skala von 1 bis 10?“, fragt eine Stimme per Headset in den Kopf hinein. Wer kann das schon ad hoc sagen? 6 vielleicht?

Das klingt nach nicht besonders viel. Eine Ausstellung im Bezirksmuseum Friedrichshain-Kreuzberg möchte dieses Potenzial steigern. Hintergrund: Die Novemberrevolution in den Jahren 1918 und 1919, die auch an unterschiedlichen Orten in Friedrichshain-Kreuzberg stattgefunden hat. „Hier wurde für Frieden, Demokratie und Gerechtigkeit gekämpft“, sagte Kristine Jaath (Grüne), Vorsteherin der Bezirksverordnetenversammlung, bei der Eröffnung Ende vergangener Woche über die Rolle des Bezirks bei der Novemberrevolution. „Auch heute noch müssen wir diese Errungenschaften verteidigen.“

Der Boden eines der Ausstellungsräume ist mit einer Karte des Bezirks ausgelegt. Mit Stoffschützern um den Schuhen tippeln die Be­su­che­r*in­nen darauf herum. Zahlen auf der Karte markieren Orte, an denen bei der Revolution etwas passiert ist.

Etwa bei Nummer 510, die den Friedhof der Märzgefallenen markiert. Hierhin führte im November 1918 eine Trauerzug von Zehntausenden Menschen, um dort Todesopfer der Revolution zu begraben. Oder Nummer 506 auf der heutigen Karl-Marx-Allee, damals ein Arbeiter*innenviertel. „Wer hier lebt, muss hart arbeiten und bleibt doch arm“, heißt es in der App, die Informationen zu den Nummern liefert. Diese Arbeiter*innen errichteten im März 1919 Barrikaden, es folgten gewaltsame Auseinandersetzungen.

Arbeiterfrauen auf den Barrikaden

Die Ausstellung stellt aber auch Personen vor, denen die offizielle Geschichtsschreibung wenig Platz einräumt. Etwa die Arbeiterfrauen, die den Markt auf dem Boxhagener Platz stürmten – einfach um knapp gewordene Alltagsutensilien zu ergattern, erzählt Dietlinde Peters, die für die Ausstellung recherchiert hat: „Diese Gruppe wird meist vergessen.“

So modern die Ausstellung, die man nur mit Smartphone oder Tablet begehen kann, auch sein mag – die Möglichkeiten, die für aktuellen Widerstand aufgezeigt werden, kommen dann doch recht antiquiert daher. Von Straßenschlachten der Novemberrevolution wurden damals Fotopostkarten gedruckt und verteilt. In der Ausstellung werden die Besucher*innen aufgefordert, ähnliche Karten mit Stempeln zu bedrucken.

So regt die Ausstellung zwar an, sich über das eigene Widerstandspotenzial Gedanken zu machen: Wäre man selbst bereit, für die eigenen Ideale so viel zu riskieren wie die Novemberrevolutionäre? Wie er oder sie selbst widerständig werden möchte, sollte sich dann besser jede*r selbst überlegen.

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