CO2-Speicherung: Ein Gesetz mit Tücken

Neuer Anlauf mit kosmetischen Änderungen: Umwelt- und Wirtschaftsminister legen einen neuen Entwurf für ein CO2-Gesetz vor. Zentrale Versprechen bleiben aber uneingelöst.

"Nicht gegen den Willen der Menschen": Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) und Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) am Mittwoch in Berlin. Bild: reuters

BERLIN taz | Die Fehler aus dem vergangenen Jahr wollten Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) und Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) nicht wiederholen, als sie letzte Woche die Eckpunkte für einen neuen Gesetzentwurf zur Abscheidung und Verpressung von Kohlendioxid (CCS) vorstellten. Der Entwurf der damaligen großen Koalition scheiterte am Widerstand von Bundesländern und Lokalpolitikern. Deshalb sei er einer "umfassenden Überarbeitung" unterzogen worden, so Röttgen. Tatsächlich ist der neue Entwurf, der der taz vorliegt, in einigen Passagen geändert wurden - entscheidende Versprechen bleiben aber uneingelöst.

Man werde CCS "nicht gegen den Willen der Menschen" erproben, versprach Röttgen. Wenn auf einem Grundstück erkundet werden soll, müssten die Eigentümer dies vorher erlauben, heißt es im Gesetzesentwurf. Allerdings wird das relativiert: "Wird die […] Zustimmung versagt, so kann sie für Bereiche außerhalb von Gebäuden, Gärten und eingefriedeten Hofräumen […] durch eine Entscheidung der zuständigen Behörde ersetzt werden." Gebäude sind somit geschützt, Ackerflächen nicht.

Das nächste mündliche Versprechen des Umweltministers: "Es wird keine Erprobung gegen den Widerstand der Bundesländer geben." Dafür wurde ein Satz eingefügt, dass bei der Genehmigung "Ziele der Raumordnung zu beachten sowie Grundsätze und sonstige Erfordernisse der Raumordnung zu berücksichtigen" seien. Die Bundesländer könnten so Gegenden ausweisen, in denen die CO2-Speicherung verboten ist. Ob sie damit aber die Einlagerung des Klimagases in ihrem Untergrund komplett verhindern können, ist unklar. Denn die Ausweisung solcher Gebiete muss laut Ministerium auf "entsprechender fachlicher Grundlage" stattfinden.

Jürgen Quentin, Jurist bei der Deutschen Umwelthilfe, bezweifelt, dass sich ein ganzes Bundesland zur CCS-freien Zone erklären kann. Man könne aber etwa gezielt Gebiete zur CO2-Speicherung freigeben, die für Energiekonzerne unattraktiv seien.

Konkrete CCS-Pläne gibt es bereits: RWE will abgeschiedenes Kohlendioxid in Schleswig-Holstein verpressen, Vattenfall hat dasselbe in Brandenburg vor. Die Landesregierung in Kiel hofft aber, die CO2-Einlagerung verhindern zu können. Sobald das Gesetz beschlossen sei, würden Umwelt- oder Wissenschaftsministerium prüfen, welche Schritte eingeleitet werden müssen, sagte ein Regierungssprecher.

Immerhin gibt es in dem neuen Textentwurf erstmals konkrete Zahlen zur Deckungsvorsorge. Mit dieser soll abgesichert werden, dass die Betreiber der Speicheranlagen bei möglichen Schäden haften. Sie sollen jährlich eine Summe hinterlegen, mit der Zertifikate für 3 Prozent des eingelagerten CO2 bezahlt werden könnten. Wenn er die Einlagerungsstätte stilllegt, kann der Betreiber die Verantwortung jedoch bereits nach 30 Jahren auf den Staat übertragen. Zu früh, meinen Kritiker.

Die Bundesregierung stellt sich vor, dass die Deckungsvorsorge auch dann noch greift, wenn es später zu Unfällen kommt. Der bündnisgrüne Bundestagsabgeordnete Oliver Krischer ist empört: "Die Deckungsvorsorge reicht nicht aus." Er befürchtet "ein zweites Gorleben".

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