EU-Kurs nach Kopenhagen-Pleite: CO2-Zölle sollen das Klima retten

Die Europäische Union kann sich intern nicht auf strengere Reduktionsziele für ein neues Abkommen einigen. Forderungen nach alternativen Ansätzen werden lauter.

Schöne Bilder, miese Ergebnisse: Kopenhagen im Dezember 2009. Bild: dpa

Die Europäische Union (EU) hofft ungeachtet des Debakels von Kopenhagen darauf, auf dem nächsten UN-Klimagipfel im Dezember im mexikanischen Cancún ein internationales Klimaabkommen abschließen zu können. Dabei konnten sich die EU-Umweltminister auf ihrem Treffen am Wochenende in Sevilla nicht einmal untereinander auf gemeinsame Klimaziele einigen. Bis Ende Januar sollen alle Staaten der UNO ihre Ziele zur Reduzierung der Treibhausgase mitteilen. Die EU solle sich auf eine Verringerung ihrer CO2-Emissionen bis 2020 um 30 statt der bisher versprochenen 20 Prozent festlegen, forderten jetzt Großbritannien und die Niederlande - selbst dann, wenn andere große Länder nicht mitziehen. Aus dem Vorstoß wurde jedoch nichts.

Stattdessen setzt die EU auf ihre diplomatischen Netzwerke und auf "taktische Allianzen", so Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU). Den Entwicklungsländern haben die Europäer schon 7 Milliarden Euro für den Klimaschutz versprochen. Die betroffenen Länder selbst aber haben in Kopenhagen einen Bedarf von umgerechnet 140 Milliarden Euro angemeldet, und zwar pro Jahr. Immer fraglicher erscheint es angesichts dessen, ob das sture Weiterverfolgen des Kopenhagen-Ansatzes Erfolg verspricht.

Nobelpreisträger Joseph Stiglitz jedenfalls sieht die Zeit gekommen, neue Ansätze auszuprobieren, die schnell Wirkung zeigen. Jedes Land müsste sich verpflichten, die Kohlendioxidemissionen drastisch zu verteuern - der US-Ökonom schlägt in einer Kolumne als Richtpreis 80 US-Dollar pro Tonne vor. Das kann durch CO2-Steuern geschehen wie etwa in Schweden oder durch die Verteuerung von handelbaren Emissionszertifikaten.

Was aber, wenn andere Staaten nicht mitspielen? Der Industrie in Ländern mit hohen CO2-Preisen würden enorme Kosten und entsprechende Wettbewerbsnachteile entstehen. Die Wirtschaftslobby würde den Plan politisch zu verhindern versuchen - oder die Produktion in Länder ohne Klimaauflagen auslagern. Doch es gäbe eine Lösung: Klimazölle. Die würden für alle importierten Waren aus Ländern fällig, die ihrer Industrie keine oder nur geringe Kosten für CO2-Emissionen auferlegen. Eine solche Ausgleichsabgabe würde also für gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen Klimaschützern und Klimaschutzverweigerern sorgen.

Selbst die Welthandelsorganisation WTO hält ein solches Vorgehen für legitim, warnt aber vor einem praktischen Problem: die Bestimmung der Höhe der Zölle. Dafür müssten der Energieaufwand für die Herstellung aller Handelswaren und die eventuell schon entrichteten Klimaabgaben berechnet werden. "Hierzu besteht noch Untersuchungsbedarf", hält das Umweltbundesamt in einer Untersuchung über die Machbarkeit eines "Grenzsteuerausgleichs" fest.

Doch ungeachtet der noch offenen Fragen haben sich das US-Abgeordnetenhaus und die französische Regierung bereits für Klimazölle starkgemacht. So forderte in Sevilla Frankreichs Umweltminister Jean-Louis Borloo deren Einführung, sollte auch in Mexiko kein Klimaabkommen zustande kommen. Der deutsche Umweltstaatssekretär Matthias Machnig hatte den Vorschlag dagegen zuvor als "Ökoimperialismus" abgelehnt. Der designierte EU-Handelskommissar Karel De Gucht warnte, Klimazölle würden schnell "in einen Handelskrieg abgleiten". In der Tat müssen Klimaausgleichsabgaben den Schwellen- und Entwicklungsländern wie ein Strafzoll erscheinen. Aber sie schaffen genauso wie CO2-Steuern zusätzliche Einnahmen - die dann umgehend in den Süden für Klimaschutzmaßnahmen zurückfließen sollten.

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