Aufstieg Dynamo Dresden in die 2. Liga: Ritter auf der Rasierklinge

Nach dem Aufstieg träumen Dynamo Dresdens Fans davon, an alte glorreiche Zeiten anzuknöpfen. Doch die werden nicht zu finanzieren sein.

Prost! Dynamo feiert sich selbst. Bild: dapd

BERLIN taz | Nach dem Aufstieg in Liga zwei sind sie aus dem Feiern nicht mehr herausgekommen. Trainer Ralf Loose hatte das Alkoholverbot aufgehoben, weswegen den Spielern von Dynamo Dresden das Bier schon auf dem Spielfeld in Osnabrück schmeckte. Es wurde in der Kabine getrunken, im Bus, im Flugzeug, das tief in der Nacht in Dresden-Klotzsche landete - und am Mittwoch ging es weiter mit der munteren Zecherei.

Das große Fanfest stieg am Nachmittag auf dem Dresdner Altmarkt. Die Anhänger sind nach der erfolgreichen Relegation (1:1 und 3:1 nach Verlängerung) gegen die Norddeutschen euphorisiert, wähnen ihren Verein auf dem Vormarsch. "Die Fans in Dresden sind verrückt, im positiven Sinne Geisteskranke", sagt Geert Mackenroth, stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats. "Diese Region lechzt nach Fußball."

Die Fans sind fest davon überzeugt, dass Dresden an alte, glorreiche Zeiten anknüpfen kann. Die Sportgemeinschaft Dynamo, der Klub der Volkspolizei, gewann einst acht Meisterschaften und siebenmal den FDGB-Pokal. Legendär sind die Siege im Achtelfinale des Uefa-Pokals 1988 gegen den AS Rom. Doch nach der Wende verkaufte der Verein seine Besten (Ulf Kirsten, Matthias Sammer) und ging unter der Führung des Exkneipiers und zwielichtigen Bauunternehmers Rolf-Jürgen Otto beinahe pleite. Auch nach Otto ging es oft drunter und drüber. Dynamo Dresden schien ein besonders schwieriger Fall zu sein. Mackenroth: "Wir müssen endlich mal wegkommen vom Image des Luftikus, wo nach dem Motto gehandelt wurde: Was kostet die Welt!"

Ein neues Stadion gibt's schon

Immerhin schaffte man es, ein neues Stadion zu bauen, das allerdings nicht mehr den Namen Rudolf Harbig trägt, sondern "glücksgas stadion" heißt und der Kommune in der Unterhaltung Unsummen kostet. Der gewichtige Reiner Calmund drängte sich als externer Berater auf, doch auch der Dampfplauderer konnte nicht verhindern, dass der Schuldenberg in Dresden wieder anwuchs: 8 Millionen Euro an Verbindlichkeiten stehen zu Buche. Die Deutsche Fußball-Liga will nun erst eine Lizenz erteilen, wenn Dresden bis zum 1. Juni 830.000 Euro an Bürgschaften aufbringt. Wäre der Aufstieg misslungen, hätten sie sogar über 2 Millionen Euro zusammenschnorren müssen.

Für Aufsichtsrat Mackenroth (CDU), bis 2009 sächsischer Justizminister, ist die Lizenzierung unproblematisch. Die Bürgschaften würden vorliegen, "verglichen mit anderen Jahren ist die Situation jetzt schon fast paradiesisch." Er wolle künftig für Nachhaltigkeit sorgen, das heißt: "Solide finanzielle Verhältnisse, keine Hasardeur-Dinge." Trainer Loose solle auf das "Freiburger Modell" setzen und der Jugend eine Chance geben. Das würde auch die Gehaltskosten drücken. Aber dieser Plan "kommt natürlich einem Ritt auf der Rasierklinge gleich", sagt Mackenroth, denn man wolle trotz des jungen Kaders drinbleiben in Liga zwei. Dort wird viel mehr Fernsehgeld ausgezahlt als in der Dritten Liga.

Mackenroth ist froh, dass es gerade jetzt mit Dynamo Dresden aufwärtsgeht, denn der Verein steht in regionaler Konkurrenz zu RB Leipzig, dem Red-Bull-Klub, der groß hinaus will, aber noch in der Vierten Liga feststeckt. "Es ist wie beim Hase-und-Igel-Spiel, aber wir waren zuerst da", sagt er. Fragt sich nur, ob dieser Vorsprung nicht bald schon dahinschmilzt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.