Wirtschaftskonferenz in Israel: Orthodoxe Männer lieber unter sich

Nach seperaten Buslinien machen sich Frauenfeinde auf den Weg in öffentliche Einrichtungen: Frauen werden in Jerusalem von einer Wirtschaftskonferenz ausgeschlossen.

Blieben auf einer Wirtschaftskonferenz lieber unter sich: Orthodoxe Männer in Jerusalem. Bild: dpa

JERUSALEM taz | Ganz unter sich blieb das starke Geschlecht letzte Woche bei einer Wirtschaftskonferenz in Jerusalems Nationalhallen. Die in Europa und den USA erscheinende orthodoxe Tageszeitung des Thora-Judentums, Hamodia, richtete den Kongress aus, bei dem Frauen nicht erwünscht waren. Nach der Einführung von separaten Buslinien für Männer und Frauen und selbst Supermarktkassen nur für die frommen Bärtigen haben sich die Frauenfeinde ungehindert auf den Weg auch in öffentliche Einrichtungen gemacht.

Das Hamodia Management Forum gehört, laut Bericht von "The Marker", der Wirtschaftsbeilage der liberalen Tageszeitung Haaretz, zu den wichtigsten Wirtschaftskonferenzen für den orthodoxen Sektor. Unter den Sprechern waren Finanzminister Juval Steinitz (Likud) sowie Jerusalems Bürgermeister Nir Barkat. Die Stadtverwaltung lehnte einen Kommentar zu dem Thema ab. "Wir haben mit den Nationalhallen nichts zu tun", hieß es, ungeachtet der Tatsache, dass die für die Stadt wichtigsten Veranstaltungsräume mit öffentlichen Geldern subventioniert werden.

Auch die Jewish Agency, die zu 50 Prozent Mitinhaber des Unternehmens ist, das die Nationalhallen unterhält, weist jede Verantwortung von sich. "Wir haben Anteile an 1.700 öffentlichen Gebäuden, wo sollte ich da anfangen?", fragt Chaviv Gur, Sprecher der Jewish Agency, die, so betont er, "hier keinerlei Einfluss hat". Die orthodoxe Gesellschaft feministischer zu machen sei Angelegenheit der Parlamentarier. "Ich bin nur ein öffentlicher Beamter."

Frauen arbeiten, Männer studieren die Thora

Die unerträgliche Leichtigkeit, mit der es den Männern gelingt, unter sich zu bleiben, überrascht insofern, als es häufig die orthodoxen Frauen sind, die die Familie ernähren müssen, während sich ihre Männer dem Studium der Thora widmen. Gerade in den letzten Jahren initiierte das Wirtschaftsministerium in Jerusalem zahlreiche staatliche Programme, die auf die Integration der ultraorthodoxen Frauen in den Arbeitsmarkt abzielen. Es geht um die massive Förderung von Unternehmen, die sich in den orthodoxen Wohnvierteln und Ortschaften oft im besetzten Westjordanland ansiedeln, um dort Frauen in der Regel am Computer und in Verwaltungsaufgaben auszubilden und langfristig zu beschäftigen.

The Marker warnt, dass die zunehmende Benachteiligung von Frauen in Israel langfristig nicht auf den orthodoxen Sektor begrenzt bleiben wird. "Je mehr ultraorthodoxe Männer in den Arbeitsmarkt vordringen, desto mehr Frauen werden ausgeschlossen werden". Öffentliche Mittel und öffentliche Räume sollten "allen Israelis, einschließlich der Frauen" zur Verfügung stehen.

Die "Interessengruppe der Frauen", eine der wichtigen Fraueninitiativen in Israel, kommentierte den Vorfall mit Bedauern, ohne jedoch irgendwelche Protestmaßnahmen zu planen. "Die internen Angelegenheiten der ultraorthodoxen Gemeinde gehen uns nichts an", hieß es in ihrer Zentrale in Tel Aviv.

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