Frankreich kritisiert deutsche Libyen-Politik: Breitseite gegen "Deutschland AG"

Ungewöhnlich scharf kritisieren französische Medien die Enthaltung Berlins bei der Abstimmung über die Libyen-Resolution. Tenor: Die Drecksarbeit dürfen die anderen machen.

Muss alleine losschippern: Der französische Flugzeugträger "Charles de Gaulle" verlässt am Sonntag den Hafen von Toulon in Richtung Libyen. Bild: dpa

PARIS taz | "Es kann nicht auf der einen Seite eine 'glückliche Globalisierung' geben für die 'Deutschland AG' und ihre Beschäftigten und auf der anderen eine 'gefährliche Globalisierung', die man den Alliierten überlässt und für die sich Berlin nicht verantwortlich fühlt." Derart ungewöhnlich scharf kritisiert die Zeitung Le Monde die deutsche Position bei der Abstimmung über die UNO-Resolution 1973. Deutschland erweckte den Anschein eines Trittbrettfahrers, der "ohne sich die Hände schmutzig zu machen, anschließend die ersten Früchte der Entschlossenheit der französischen, britischen und US-Alliierten ernten" wolle.

"Die Nichtbeteiligung an der Libyen-Affäre ist bezeichnend für ein Zögern, das von den Partnern der Bundesrepublik als mangelnde Solidarität oder gar Reife betrachtet wird." Oder als Egoismus? "Deutschlands Wirtschaft blüht, und seine Bevölkerung ist weniger als andere von der Arbeitslosigkeit betroffen, seine Unternehmen sind rund um die Welt in der Offensive."

Bisher habe Frankreich den deutschen Anspruch auf einen Platz als permanentes Weltsicherheitsratsmitglied stets als legitim unterstützt: "Die erste Wirtschaftsmacht Europas darf nicht der politische Zwerg bleiben, der sie vom Sturz des Nazi-Reichs bis zum Mauerfall war. Dazu aber müsste man der Verantwortung gewachsen sein, die man anstrebt."

Gibt es eine Entschuldigung? "Gewiss ist die Kanzlerin mit politischen Turbulenzen und schwierigen Landtagswahlen konfrontiert. Aber abgesehen von konjunkturellen Erklärungen beruht die deutsche Vorsicht auf einem dreifachen Trauma": Außer einem von der japanischen Katastrophe wiederbelebten Nein zur Atomkraft nennt Le Monde den "deutschen Pazifismus" sowie "die Euro-Krise, die Deutschland dazu brachte, etwas zu tun, was es nie wollte: anderen europäischen Ländern zu helfen und dabei die Stabilität seiner Währung aufs Spiel zu setzen".

Zurückhaltender sind Vertreter der Staatsführung. Le Parisien zitiert aber einen französischen Diplomaten, der sehr enttäuscht erklärt habe: "Angela Merkel wird dafür noch sehr lange bezahlen müssen. Selbst wenn sie die Unterstützung der eigenen öffentlichen Meinung erhält, wird ihr internationales Image darunter leiden, und unsere Beziehung wird merklich kühler."

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