Innere Sicherheit: Linke als Zielgruppe wiederentdeckt

Das Innenministerium möchte, dass der Verfassungsschutz sich stärker auf den Linksextremismus konzentriert. Grünen-Chef Özdemir verweist auf Todesopfer nach Neonazi-Gewalt.

Diese Jungs wollen die Verfassungsschützer nicht mehr sich selbst überlassen: Am Rande der Randale beim Nato-Gipfel in Straßburg im April 2009. Bild: dpa

BERLIN taz | Das Bundesinnenministerium arbeitet an einem neuen Konzept gegen Gewalt aus der linken Szene. Auf Bitte von Innenminister Thomas de Maizière (CDU) hätten die Sicherheitsbehörden dafür Maßnahmen vorgeschlagen, hieß es aus dem Ministerium. "Das Bundesamt für Verfassungsschutz und das Bundeskriminalamt setzen den Schwerpunkt dabei auf das Ziel der verstärkten Aufhellung bestehender militanter Strukturen und eine vermehrte analytische Aufbereitung linksextremistischer Gewalttaten", sagte ein Sprecher der taz.

Ob dafür das für Gewalt aus der linken Szene zuständige Personal beim Bundesverfassungsschutz verdoppelt wird, wollten weder das Innenministerium noch der Verfassungsschutz kommentieren. Dies hatte zuvor das Nachrichtenmagazin Focus berichtet. Offen ließen die Behörden ebenfalls, ob es eine neue zentrale Datei beim Verfassungsschutz speziell für die wichtigsten Akteure der militanten linken Szene geben wird - zusätzlich zu bereits bestehenden Datensammlungen wie dem Nachrichtendienstlichen Informationssystem (Nadis). "Zu konkreten polizeilichen bzw. nachrichtendienstlichen Ansätzen wird öffentlich nicht Stellung genommen", teilte das Innenministerium mit.

Das Thema linke Gewalt wird auch auf der Tagesordnung der Konferenz der Länderinnenminister im Mai stehen. Vergangene Woche hatte das Bundesinnenministerium Statistiken veröffentlicht, wonach die Zahl der linken Gewalttaten im Jahr 2009 um 50 Prozent gestiegen ist. Zwei Drittel aller politisch motivierten Straftaten gehen aber auf das Konto der Rechtsextremisten.

Die Arbeit an einem neuen Konzept gegen linke Gewalt verdeutlicht den Schwenk, den die schwarz-gelbe Bundesregierung seit Monaten vollzieht. So will Familienministerin Kristina Schröder (CDU) im Sommer erstmals Projekte gegen Linksextremismus starten, parallel zu den bestehenden Projekten gegen Rechtsextremismus. Zusätzlich wurden im Haushalt des Innenministeriums sechs Millionen Euro, die ursprünglich für Projekte gegen Rechtsextremismus in Ostdeutschland gedacht waren, zu Geldern für die "Auseinandersetzung mit allen Formen des Extremismus" umgewidmet.

Grünen-Parteichef Cem Özdemir sagte der taz am Dienstag, eine Demokratie müsse sich "auch gegen die zunehmende Gewalt aus dem linksextremen Spektrum" wehren, Linksextremismus und Rechtsextremismus könnten aber nicht gleichgesetzt werden. Er verwies auf Zahlen der Amadeu-Antonio-Stiftung, wonach seit der Wende 149 Menschen von Rechten getötet worden seien. "Damit beantwortet sich die Frage nach dem notwendigen Schwerpunkt bei der Extremismusbekämpfung", sagte Özdemir.

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