US-Justizsystem fehleranfällig: New Mexico schafft die Todesstrafe ab

Weil das US-Justizsystem zu fehleranfällig sei, unterzeichnet Gouverneur Bill Richardson die Abschaffung der Todesstrafe. Damit liegt er im Trend - schon 15 Bundesstaaten können ohne.

Erfolg für Todesstrafengegner: New Mexico hat als 15. US-Bundesstaat die Todesstrafe abgeschafft. Bild: dpa

Ein weiterer US-Bundesstaat verzichtet in Zukunft auf die Todesstrafe. Am Mittwoch unterzeichnete der Gouverneur von New Mexico, der Demokrat Bill Richardson, ein Gesetz, mit dem die Todesstrafe zugunsten lebenslanger Haft ohne Möglichkeit der vorzeitigen Entlassung abgeschafft wird. Damit ist New Mexico der 15. US-Bundesstaat ohne Todesstrafe.

Allein in den vergangenen zwei Jahren haben mit New Jersey und jetzt New Mexico zwei Bundesstaaten die Todesstrafe abgeschafft. In Maryland ist die Vollstreckung von Todesurteilen seit zwei Jahren ausgesetzt. In Nebraska, dem einzigen US-Bundesstaat, der noch die Hinrichtung auf dem elektrischen Stuhl vorsieht, hat das Oberste Gericht eben diese Hinrichtungsmethode als verfassungswidrig erklärt. Da das Gesetz keine andere vorsieht, hat Nebraska de facto keine Todesstrafe mehr.

Anti-Todesstrafen-Organisationen in den USA sehen daher mit der Entscheidung New Mexicos einen Trend bestätigt, der seit rund zehn Jahren anhält. Seit einem Höchststand 1999 ist die Gesamtzahl vollstreckter Hinrichtungen in den USA kontinuierlich zurückgegangen. 2008 wurden landesweit noch 37 Menschen vom Staat getötet, davon nur zwei nicht in einem Südstaat, beide in Ohio.

In Umfragen unterstützten im vergangenen Jahr 64 Prozent der Bevölkerung in New Mexico die Abschaffung der Todesstrafe. Dennoch erklärte Gouverneur Richardson, er habe sich mit der Entscheidung sehr schwergetan. Der 61-jährige mexikanischstämmige Demokrat, der vor sechs Jahren als erklärter Todesstrafenbefürworter erstmals zum Gouverneur gewählt wurde, habe seither einen Wandel durchgemacht, erklärte er in Santa Fe.

Vor allem sei deutlich geworden, dass das US-Justizsystem zu viele Fehlerquellen aufweise. "Wenn der Staat diese furchteinflößende Verantwortung auf sich nimmt, dann muss das System, das diese finale Strafe verhängt, perfekt sein und darf sich niemals irren", sagte Richardson. Doch die über 130 Menschen, die in den vergangenen 25 Jahren zum Tode verurteilt und nach späterer Überprüfung freigesprochen wurden, vier davon in New Mexico, bewiesen deutlich die Fehleranfälligkeit.

Vor allem die Perfektionierung der DNA-Überprüfungen auch Jahre nach der Tat und die Hartnäckigkeit einiger Organisationen wie etwa das in Washington DC als Lobbyorganisation für eine Justizreform angesiedelte "Justice Project" haben zahlreiche Fälle von Fehlurteilen, oft unter skandalösen Umständen, an die Öffentlichkeit gebracht. Der Druck auf zahlreiche Bundesstaaten, zumindest zeitweise auf die Vollstreckung der Todesstrafe zu verzichten, ist ständig größer geworden - und auch die Zahl der Urteile sinkt. Selbst in Texas, das noch immer die Liste der vollstreckten Hinrichtungen anführt, wurden im vergangenen Jahr lediglich zehn Personen zur Todesstrafe verurteilt - die geringste Zahl seit der Wiedereinführung der Todesstrafe 1976. New Mexico spielte bei dieser Statistik ohnehin keine wirkliche Rolle: Seit 1976 wurde in dem Bundesstaat nur ein einziger Mensch hingerichtet; derzeit sitzen zwei Verurteilte in der Todeszelle. Ihre Urteile sind von der Gesetzesänderung im Prinzip nicht betroffen, denn die Abschaffung der Todesstrafe gilt nur für Urteile, die nach dem 1. Juli dieses Jahres gesprochen werden, wenn das Gesetz offiziell in Kraft tritt.

Anti-Todesstrafen-Organisationen rechnen damit, dass weitere Staaten folgen. Gründe dafür seien neben einer gewandelten Haltung zur Todesstrafe gerade in Zeiten der Wirtschafts- und Finanzkrise schlichte Kostengründe: Ein über Jahre hinweg bis zur letzten Rechtsmöglichkeit ausgeschöpftes Todesstrafenverfahren kostet den Staat so viel Geld, dass sich viele Bundesstaaten die Todesstrafe schlicht nicht mehr leisten wollen. New Mexico etwa rechnet mit künftigen Einsparungen im Justizwesen von rund einer Million Dollar pro Jahr.

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