Beratungen über Wahlboykott: Sudans Wahlen auf der Kippe

Nach der Opposition in Khartum berät auch die ehemalige Südsudan-Guerilla SPLA über einen Boykott der ersten halbwegs freien Wahlen Sudans seit 24 Jahren.

Sudans Präsidenten Omar al-Bashir besteht auf dem Wahltermin des 11. April. Bild: dpa

Zehn Tage vor der ersten vergleichsweise freien Wahl im Sudan seit 24 Jahren wird immer unklarer, ob die Abstimmung tatsächlich wie geplant stattfinden wird. Das Politbüro der im Südsudan regierenden ehemaligen Guerillabewegung SPLM (Sudanesische Volksbefreiungsbewegung) beriet gestern darüber, ob man sich dem existierenden Boykottaufruf von 17 Oppositionsführern aus dem Norden anschließen soll. "Wenn die politischen Parteien im Nordsudan die Wahlen boykottieren, um ihre Chance auf faire und freie Wahlen zu verteidigen, werden wir an ihrer Seite stehen", erklärte vorab SPLM-Generalsekretär Pagan Amum. Damit wandte sich Amum gegen Sudans Präsidenten Omar al-Bashir, der auf dem Wahltermin des 11. April besteht. "Wir werden keine Verschiebung dulden, auch nicht für einen Tag", so Bashir Anfang dieser Woche. "Wenn die SPLM die Wahlen blockiert, werden wir uns weigern, die Volksabstimmung über die Unabhängigkeit des Südsudan durchzuführen."

Der Streit rührt an den Kern des Friedensvertrages, der 2005 den Bürgerkrieg zwischen dem islamisch-arabischen Norden und dem schwarzafrikanischen Süden Sudans beendet hatte. Dem Abkommen zufolge stimmt Südsudan im Januar 2011 über seine Unabhängigkeit ab. Niemand zweifelt daran, dass eine riesige Mehrheit dafür stimmen wird. Dass Bashir erstmals dieses Referendum und die Wahlen aneinander koppelt, zeigt, wie groß seine Angst ist, in der SPLM könnten sich diejenigen durchsetzen, die wie Amum eine Wiederwahl Bashirs verhindern wollen.

Die Befürchtungen nehmen zu, dass die Präsidentschaftswahl gefälscht werden wird. Jeden Tag werden neue Details bekannt: Die sudanesische Notenbankdruckerei, die Bashirs Partei eigenmächtig mit dem Druck der Wahlzettel beauftragt hatte, musste zugeben, dass die Wahlzettel nur auf Arabisch gedruckt wurden. Im Südsudan aber ist Englisch die Amtssprache. Auch Berichte über Bestechungen von Stammesführern mehren sich. Die "International Crisis Group" deckte gestern in einem neuen Bericht auf, dass in der Bürgerkriegsregion Darfur, wo 19 Prozent aller sudanesischen Wähler leben, nur Unterstützer der Regierung registriert worden. Die meisten der 2,6 Millionen Vertriebenen hingegen, die als Oppositionsanhänger gelten, stehen nicht auf den Wählerlisten. Nach all diesen Vorbereitungen ist Bashir nicht bereit, auf die Wahl zu verzichten.

Doch ob die SPLM, der im Süden von Oppositionellen ebenfalls Willkür vorgeworfen wird, für eine Verschiebung der Wahlen das Unabhängigkeitsreferendum riskieren wird, ist höchst ungewiss. Hinter den Kulissen der gestrigen internen Beratungen hieß es, Südsudans Präsident Salva Kiir und Bashir hätten sich längst geeinigt: indem sie ein gemeinsames Treffen am Dienstag platzen ließen, gebe es keinen anderslautenden Beschluss. So sei der Wahltermin gesichert, ohne dass die SPLM sich ausdrücklich hinter Bashir stellen musste.

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