Verschwörungstheorien in US-Blogs: Bin Laden ganz lebendig

Auf die Nachricht über bin Ladens Tod folgt der Neidreflex der US-Rechten - sie gönnen Obama den Triumph nicht. Verschwörungstheorien sind populär.

Nicht alle Amerikaner wollen glauben, was die Titelseite von "Time" auf einer Werbetafel verkündet: dass Osama bin Laden tot ist. Bild: dapd

Ein Foto ist ein Foto, ist kein Foto. Während die US-Regierung noch darüber debattiert, ob ein Foto des getöteten al-Qaida-Chefs Osama bin Laden veröffentlicht werden soll, hat der rechte Fernseh- und Radiomoderator Glenn Bleck das bereits für seine Anhänger erledigt.

In einem Blog-Eintrag auf seiner Homepage (www.glennbeck.com) zeigt der erzkonservative Fan der Tea-Party-Bewegung, wie leicht ein Bild des toten Bin Laden zu kreieren ist – Photoshop sei Dank. Darunter der dezente Hinweis, dass es sich bei diesem Foto um eine Fälschung handelt und der Eintrag nichts mit der Frage zu tun hätte, ob Bin Laden tot sei oder nicht. "Er ist es. Wir haben nur noch kein Foto gesehen", schreibt Beck.

Doch warum dann diese Demonstration, wie leicht auch ein vermeintlicher Fotobeweis in seiner Glaubwürdigkeit zu erschüttern ist? So ganz gönnt Beck US-Präsident Barack Obama den Triumph nicht. In einer seiner Radiosendungen fragte Beck am Dienstag: "Sehen wir eine Show? Kann es sein, dass Osama bin Laden von dem Gelände phantomisiert wurde?"

Für die Linke sind Becks Verschwörungstheorien ein klarer Hieb gegen den demokratischen US-Präsidenten. Jason Easley widmet sich auf politicususa.com ausführlich dem Thema und schreibt: "In Zeiten emotionaler Krisen kann sich die labile politische Rechte immer darauf verlassen, dass Glenn Beck dafür sorgt, dass alles besser wird, indem er sie in eine Fantasiewelt führt, in der die Realität nicht zählt."

Glenn Beck kann die Wahrheit nicht vertragen

Und auf mediamatters.org feixt User "Galmud": "Offensichtlich kann Glenn Beck die Wahrheit nicht vertragen." Die Wahrheit können offenbar einige Rechte nicht vertragen, wie mediamatters.org beschreibt. Die Seite trägt nach eigener Aussage Falschinformationen von konservativen Medien zusammen und korrigiert sie. Korrigiert werden soll so auch Fox-News-Moderator Andrew Napolitano. Die Seite zitiert aus Napolitanos Show vom Montag, in der der Moderator sich fragt, "ob die Regierung uns die Wahrheit erzählt oder ob sie nur einen Schnellschuss inszeniert, um Obamas lausige Präsidentschaft zu retten."

Die konservative Politikerin Sarah Palin tut sich ebenfalls schwer damit, Obamas Regierung zu loben. Zwar geht sie nicht so weit, den Tod bin Ladens offen in Frage zu stellen, doch sie schafft es, in einer Rede im US-Bundesstaat Colorado den Namen des Präsidenten unerwähnt zu lassen und vielmehr Ex-Präsident Bush zu loben, der die "Maßnahmen ergriffen hat, die zu diesem Sieg führten". Außerdem wundert sich Palin über die allzu schnelle See-Bestattung der Leiche bin Ladens.

Für Bloggerin Sarah Jones lautet Palins Strategie: "Sie 'akzeptiert' die Seebestattung Osama bin Ladens genau so wie sie Obamas Geburtsurkunde 'akzeptiert', gleichzeitig aber ihre Anhänger auffordert, Fragen zu stellen", schreibt Jones auf politicusa.com. Jones spielt damit auf die Konservativen an, die immer wieder behaupteten, Obama sei gar nicht in den USA geboren und damit nicht rechtmäßiger Präsident. Das Weiße Haus sah sich schließlich genötigt, die Geburtsurkunde Obamas zu veröffentlichen.

"Glauben Sie, wir sind dumm, Mister President?"

Und die Anhänger der Tea-Party-Bewegung lassen sich von ihrer Ikone Palin nicht lange bitten. Auf teapartynation.com fragt Anhänger Jeff Waller: "Wir haben die Exekution von Saddam Hussein auf Video aufgenommen … Aber wir haben nicht den Leichnam des vom FBI seit zehn Jahren meist gesuchten Verbrechers? Glauben Sie, wir sind dumm, Mister President?"

Eine andere Art der Verschwörung wittert der rechte Radiomoderator Alex Jones und lässt in seiner Show Dr. Steve R. Pieczenik zu Wort kommen, der als ehemaliger "Top-Insider der US-Regierung" vorgestellt wird . Der verkündet, dass bin Laden bereits 2001 gestorben sei. "Nicht etwa, weil Spezialeinheiten ihn getötet hätten, sondern weil er am Marfan-Syndrom litt", ist auf Jones Homepage, prisonplanet.com nachzulesen. Bin Laden gestorben an einer genetischen Erkrankung? Für Anhänger dieser Theorie bleibt nur eine Schlussfolgerung: Die jetzige Todesnachricht diene nur dazu, Obamas schlechte Umfragewerte aufzupäppeln, so Pieczenik.

Die wiederum sind seit der Nachricht über bin Ladens Tod tatsächlich sprunghaft angestiegen. Laut einer Umfrage von CBS und New York Times vom Mittwoch sind 57 Prozent der Befragten Amerikaner grundsätzlich mit Obamas Arbeit einverstanden. Vor zwei Wochen lag seine Zustimmungsrate bei 46 Prozent. Ein plus von elf Prozent. Wenn das nicht die nächsten Verschwörungstheoretiker auf den Plan rufen wird.

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