Szene-Zeichner über Logos von Metalbands: "Die Natur ist meine größte Inspiration"

Ohne Christophe Szpajdel sähe Metalmusik anders aus: Mehr als 7.000 Band-Schriftzüge hat der Belgier entworfen - und damit auch die Ästhetik der Fans geprägt.

Kunstvoll, aber oft schwer zu lesen: Logos, die Christophe Szpajdel für Metabands entworfen hat. Bild: promo / Gestalten-Verlag

taz: Herr Szpajdel, können Sie mich hören?

Christophe Szpajdel: Ja, aber nur ziemlich schlecht. Ich sitze gerade im Park und male.

Sie malen im Freien?

Fast immer. Ein paar meiner Logos habe ich drinnen entworfen, aber die sind nicht so gut geworden. Die Natur ist meine größte Inspiration.

Sind Black-Metaler naturverbunden?

Ich auf jeden Fall. Wenn mich jemand fragt, was meine Religion ist, sage ich: Spirituell, aber nicht religiös. Und ich glaube an den Kult der Natur, der wurde auch schon von Jugendstilkünstlern entdeckt, zum Beispiel von Gustav Klimt oder August Endell. Viele meiner Logos sind inspiriert von Jugendstil und Art Deco.

Sie sind aber gelernter Forstingenieur.

Das stimmt, aber im Moment arbeite ich im Einzelhandel.

Können Sie denn von Ihren Logos nicht leben?

Ich habe lange davon geträumt, aber es geht nicht. Ich kann mit den Logos einfach nicht genug Geld verdienen, ich brauche noch das feste Einkommen aus meiner anderen Arbeit.

Aber Sie sind doch weltberühmt! Sie haben Logos für mehr als 7.000 Metalbands entworfen!

Nun, ein Logo kostet etwa 50 US-Dollar.

Das ist günstig.

Vielen Bands ist das immer noch zu teuer. Manche zahlen nicht, andere fragen Freunde, ob sie es machen können. Am Schluss haben sie dann ein Scheißlogo, nur weil es umsonst war.

Und ist das so schlimm? Ist nicht die Musik das eigentlich Wichtige?

Selbst wenn eine Band super Musik macht, nimmt man sie mit einem schlechten Logo gar nicht wahr. Diese Woche habe ich eines fertig gemacht von einer Band hier aus der Nähe. Ihre Musik ist fantastisch, aber ihr Logo ist schrecklich. Absolut grauenvoll! Sie verdienen ein gutes Logo, nur so werden die guten Labels auf sie aufmerksam. Wenn das Logo mies ist, hört man sich auch die Musik nicht an. Als Teenager habe ich auch immer zuerst auf das Logo geschaut, manche Alben habe ich nur deswegen gekauft!

Erinnern Sie sich an das erste Logo, das Sie gemacht haben?

Natürlich. Es war das Logo von Venom, das habe ich einfach neu gemalt. Ich wollte es mir auf die Jacke nähen.

Wie ging es dann weiter?

Das erste Logo, das ich für eine Band gemacht habe, war 1990 für Disgrace aus Finnland. Ihre Musik war super, aber sie hatten ein Logo in Times New Roman. Eine stinknormale Schrift! Jede Band kann so ein Logo haben! Also habe ich ihnen ein neues angeboten. Sie mochten es und haben es für ihr zweites Demo verwendet.

Heute sind Sie berühmt, die meisten Bands kommen zu Ihnen, weil sie ein Logo wollen …

Ja, etwa 90 Prozent. Früher war das anders, mit Anfang 20 wollte ich, dass die ganze Welt meine Kunst sieht, also habe ich meine Logos den Bands angeboten. Irgendwann haben die Leute dann angefangen, mich zu suchen.

Arbeiten Sie denn für jede Band, die Sie fragt?

Ich würde auf keinen Fall mehr Logos für Bands aus der Rechten-Szene zeichnen. Ich will nicht, dass mein Name mit rechten Gruppen assoziiert wird.

Sie haben aber auch ein Logo für Absurd gemacht, eine der bekanntesten deutschen Bands der rechten Metalszene.

Am Anfang waren Absurd eine Death-Metal-Band. Ich habe ein Logo für sie gemacht, mit Pentagramm und einem umgedrehten Kreuz. Später haben sie dann einen russischen Künstler gefragt, ob er das Logo verändern kann. Er hat dann Thors Hammer eingesetzt und ein keltisches Kreuz. Für so eine Band würde ich natürlich keine Logos mehr machen, ich will neutral bleiben. Bei europäischen Bands, und ganz besonders welchen aus Osteuropa, bin ich deshalb sehr vorsichtig.

Würden Sie denn auch für Popbands Logos machen?

Auf jeden Fall! Ich habe Logos für Stoner-Rock-Bands gemacht und für Ambientprojekte, sogar für eine Band aus Litauen, die Musik im Stile der australischen Ureinwohner macht. Ich habe da keinerlei musikalische Geschmacksbeschränkung.

Ist es wichtig, dass Sie die Musik mögen?

Musik ist sehr wichtig! Ich habe beim Malen immer einen MP3-Player bei mir, der Sound ist essenzieller Teil meiner Arbeit. Bands schicken mir außerdem Fotos, die ihnen gefallen. Ich schicke bestimmt 20 Mails hin und her, bevor ich mit dem Malen anfange. Ein Logo muss genau darauf abgestimmt sein, was eine Band mit ihrer Musik kommunizieren will. Das braucht Zeit, deshalb mag ich es nicht, wenn Bands mich drängen.

Wie lange arbeiten Sie denn an einem Logo?

Etwa 20 bis 30 Stunden, aber normalerweise arbeite ich immer an mehreren gleichzeitig. Wenn ich uninspiriert bin, dann stelle ich Bilder fertig, fülle Flächen aus oder mache die Außenlinien. Aber ein gutes Logo ist niemals an einem Tag zu schaffen.

Nun ist ein Buch mit Ihren Logos erschienen, die Ästhetik des Metal wird heute auch in Kunstkreisen wahrgenommen.

Es gibt Ausstellungen, an denen ich teilnehme, zum Beispiel in Berlin oder in Portugal. Ich freue mich, dass meine Logos auch außerhalb der Szene anerkannt werden.

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