Prozess wegen Kinderpornografie: Ex-Abgeordneter Tauss vor Gericht

Von diesem Dienstag an muss sich der frühere SPD-Politiker Jörg Tauss wegen des Besitzes kinderpornografischer Bilder vor Gericht verantworten. Tauss dazu: „Bin froh, wenn es endlich losgeht“

Will nur recherchiert haben: Der ehemalige Bundestagsabgeordnete und damalige SPD-Experte für Neue Medien Jörg Tauss. Bild: ap

Im Nachhinein wirkt der Zwischenruf vom 5. März des vergangenen Jahres nur noch bizarr. Die CSU-Bundestagsabgeordnete Dorothee Bär sprach im Parlament gerade davon, was man angeblich an Kinderpornografie im Netz finden könne, da meldete sich der SPD-Politiker Jörg Tauss zu Wort. „Was?“, rief er dazwischen. „Das schaut man sich aber nicht an!“ Nur wenige Stunden später durchsuchten Fahnder Tauss‘ Berliner Wohnung und fanden genau das: kinderpornografisches Material.

Von diesem Dienstag an muss sich der Ex-Abgeordnete Tauss nun vor dem Karlsruher Landgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 56-Jährigen vor, mehr als 300 kinder- und jugendpornografische Bilder und Videos besessen zu haben. In mehreren Fällen soll er die Dateien auch per Handy an andere weitergegeben haben.

Auf Tauss aufmerksam geworden waren die Ermittler durch einen Zufall. Bei einem mutmaßlichen Kinderpornohändler aus Bremerhaven stießen sie auch auf die Telefonnummern eines „Werners“. Hinter dem Tarnnamen steckte der Abgeordnete Tauss aus Kraichtal bei Karlsruhe.

Tauss bestreitet nicht, kinderpornografische Bilder und Videos besessen zu haben. Er habe sich das Material allerdings in seiner Eigenschaft als SPD-Experte für Neue Medien beschafft, um so die Vertriebswege der Kinderpornoszene zu erforschen.

„Ich habe diese Bilder nicht sexuell gebraucht“, sagte Tauss der taz im September, als wieder neue Details der Affäre öffentlich geworden waren. Er habe sich die meisten der angeblich nur briefmarkengroßen Bilder noch nicht einmal angesehen.

Tauss und seine Anwälte haben in den vergangenen 14 Monaten immer wieder eine angebliche Vorverurteilung durch die Medien und die Staatsanwaltschaft kritisiert. „Die Staatsanwaltschaft hat während der Ermittlungen“, heißt es nun auch in einer Pressemitteilung vom vergangenen Mittwoch, „eine Menge unternommen, um Jörg Tauss einem Urteil durch die Öffentlichkeit zuzuführen“.

Fest steht: In den kommenden zwei Wochen wird Tauss sich viele unangenehme Fragen gefallen lassen müssen. In dem Prozess wird es um hässliche Details der sexuellen Handlungen gehen, die auf den Bildern zu sehen sind; um das Alter der dort abgebildeten Kinder; und um schmierige SMS, mit denen das erhaltene Material kommentiert wurde.

In Folge der Kinderporno-Funde war Tauss von allen seinen Ämtern in der SPD zurückgetreten, darunter das des baden-württembergischen Generalsekretärs. Im Juni 2009 verließ er die SPD und trat der Piratenpartei bei. Seit seinem Ausscheiden aus dem Bundestag im Herbst engagiert sich Tauss weiter als Pirat und kommentiert per Blog und Twitter hämisch die Internetpolitik der etablierten Parteien. Nun schreibt Tauss dort: „Bin ganz froh, wenn es bei Gericht jetzt endlich losgeht.“

Ein Urteil wird für den 28. Mai erwartet.

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