Urteil im Billig-Bordellprozess: Erst die Flatrate, dann der Knast

Die Betreiber der "Pussy-Clubs" werden verknackt. Denn in ihren "Flatrate-Bordellen" zahlten sie für die Prostituierten keine Sozialversicherungsbeiträge.

Das Flatrate-Konzept sorgte bundesweit für großes Aufsehen. Bild: ap

STUTTGART taz | Das Landgericht Stuttgart verurteilte am Freitag die Betreiber von bundesweit vier Flatrate-Bordellen. Die sechs überwiegend rumänischen Angeklagten erhielten Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren. Ihnen wurde vorgeworfen, dass sie die Sozialversicherungs-Beiträge von bundesweit über hundert Prostitutierten nicht bezahlt hatten. Zwang und Drohungen habe es in den Bordellen allerdings nicht gegeben, betonte der Vorsitzende Richter Andreas Arndt.

Die Angeklagten hatten seit 2008 vier "Pussy-Clubs" in Heidelberg, Berlin, Wuppertal und zuletzt in Stuttgart-Fellbach eröffnet. Im größten Bordell, in Stuttgart, arbeiteten rund 70 rumänische Prostituierte. Für einen Flatrate-Betrag ab 70 Euro gab es Sex, Getränke und Essen.

Das Konzept sorgte bundesweit für großes Aufsehen. Zum einen, weil die Clubs starken Kundenzulauf hatten. Zum anderen führte die reißerische Werbung "Sex mit allen Frauen, solange du willst, so oft du willst und wie du willst" zu heftigen Protesten.

Wenn die Frauen kein Mitspracherecht mehr hätten, verstoße das gegen die Menschenwürde, erklärte etwa der Stuttgarter Justizminister Ulrich Goll (FDP). Auf dem Höhepunkt der Proteste kam es im Juli 2009 zu einer Razzia mit 700 Polizisten. Anschließend wurden die Pussy-Clubs in Heidelberg und Fellbach vorübergehend geschlossen - wegen schmuddeliger Betten und Massagebänke.

Beim Landgericht Stuttgart ging es nun aber weder um Menschenwürde noch um Hygiene, sondern um den arbeitsrechtlichen Status der Frauen. Da diese vom Bordell per Tagespauschale bezahlt wurden und kein wirtschaftliches Risiko trugen, seien sie eindeutig Arbeitnehmerinnen gewesen, so das Gericht - und nicht wie behauptet selbständige Subunternehmerinnen. Folglich hätten die Bordell-Betreiber Sozialabgaben abführen müssen.

Strafmildernd räumte das Gericht jedoch ein, dass eine Beschäftigung von rumänischen Prostituierten als Arbeitnehmerinnen bislang gar nicht möglich ist. Rumänien ist zwar EU-Mitglied, es gelten aber noch Übergangsfristen.

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