Kommentar Palästina: Mehr Rücktritte bitte

Die Palästinapapiere, die der Sender al-Dschasira veröffentlichte, haben die Führung schwerer belastet, als sie es eingesteht. Der Rücktritt Saeb Erekats ist nur ein Bauernopfer.

Vielleicht hat Saeb Erekat, der palästinensische Chefunterhändler, nur ein Mal das tun wollen, was er vorher angekündigt hatte: zurückzutreten, wenn klar ist, dass die Protokolle, die der Sender al-Dschasira veröffentlichte, aus seinem Büro stammen. Ein Mann von Ehre also, der zu seinem Wort steht? Vielleicht.

Die Palästinapapiere haben die palästinensische Führung viel schwerer belastet, als sie es eingestehen wollte. Die Konzessionen in Bezug auf die Flüchtlingsfrage und die Zukunft Jerusalems waren schlicht kompromittierend. Die Dementis und die Abwiegelung, es handele sich um willkürliche Ausrisse, um Verleumdungen und eine gezielte Intrige des Hamas-nahen Senders al-Dschasira, erweisen sich mit Erekats Rücktritt als billige Schutzbehauptungen.

Präsident Mahmud Abbas hat den Rücktritt inoffiziell angenommen. Und damit das "Bauernopfer" akzeptiert. Das ist scheinheilig, denn Erekat hat nie eine andere Position vertreten als Abbas selbst. Dies lässt vermuten, dass es bei Erekats Rücktritt nicht nur um die Verhandlungen geht, sondern um politische Spielchen.

Spätestens im Sommer sollen im Westjordanland Kommunalwahlen stattfinden. Eine Fatah-Partei, der der Ruch der vorauseilenden Kapitulation gegenüber Israel anhaftet, dürfte dabei kaum einen Blumenstrauß gewinnen. Der schwindende Rückhalt der alten Fatah-Elite wird kaum zu bremsen sein.

Mit der peinlichen Parteinahme zugunsten Husni Mubaraks hat die Führung in Ramallah wieder ein grandioses Eigentor geschossen. Ganz so wie einst Jassir Arafat bei seinem Schulterschluss mit Saddam Hussein. Vielleicht sollten die Palästinenser sich einfach ihre arabischen Schwestern und Brüder in Tunis und Kairo zum Vorbild nehmen. Dann wären in Ramallah und Gaza noch ein paar Rücktritte mehr garantiert.

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61, ist Redakteur im Ausland und gelegentlich Chef vom Dienst. Er arbeitet seit 1995 bei der taz, für die er schon in den 80iger Jahren geschrieben hat. Derzeit ist er zuständig für die Europäische Union und Westeuropa. Vor seiner langjährigen Tätigkeit als Blattmacher und Titelredakteur war Georg Baltissen Korrespondent in Jerusalem. Noch heute arbeitet er deshalb als Reisebegleiter für die taz-Reisen in die Palästinensische Zivilgesellschaft. In den 90iger Jahren berichtete er zudem von den Demonstrationen der Zajedno-Opposition in Belgrad. Er gehörte zur ersten Gruppe von Journalisten, die nach dem Massaker von 1995 Srebrenica besuchte.

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