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Debatte PreisstabilitätLegende von der Inflation

Kommentar von Gustav Horn

Die Politik warnt vor drohender Geldentwertung - und heizt sie mit Steuersenkungen selbst an. Die wahre Gefahr heißt aber Deflation.

K aufen Sie Immobilien! Kaufen Sie Gold! Schützen Sie sich vor Inflation! Dies sind die neuesten Sprüche aus den Werbetexten der Finanzwirtschaft, mittels derer sie von der Angst vor der Geldentwertung profitieren will.

Auf den ersten Blick erscheinen die Befürchtungen fundiert. Die Zentralbanken stellen den Banken Liquidität fast zum Nulltarif zur Verfügung. Zugleich kaufen sie Wertpapiere auf und erhöhen damit den Geldumlauf weiter. Hinzu kommt, dass die Staaten sich massiv für die Rettung der Banken und für Konjunkturprogramme verschulden. Diese Schulden, so die Erwartung, können nur mittels einer Entwertung durch Inflation abgetragen werden.

Alle diese Ängste sind insbesondere vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte mit mehreren Phasen von extremer Inflation verständlich. Gleichwohl sind sie weitgehend unberechtigt. Die globale Krise besteht gerade darin, dass Unternehmen wegen fehlender Absatzerwartungen immer weniger investieren und Haushalte wegen sinkender Einkommen immer weniger konsumieren. Niemand will sich in einer so prekären Lage verschulden, alle möchten auf Nummer sicher gehen und sparen. Im Ergebnis fällt die wirtschaftliche Aktivität und mit ihr fallen Löhne und Preise: Es droht eine Deflation, das Gegenteil einer Inflation.

Gustav Horn

ist Wirtschaftswissenschaftler und Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung in der Hans-Böckler-Stiftung. Zuletzt erschienen: "Die deutsche Krankheit - Sparwut und Sozialabbau. Thesen gegen eine verfehlte Wirtschaftspolitik".

Wie kann eine solche Krise überwunden werden? Nur dadurch, dass irgendjemand bereit ist, sich anders als alle anderen zu verschulden, um selbst oder durch andere zu investieren oder konsumieren. Dieser Irgendjemand wird kaum ein privates Unternehmen sein, das ohnehin von der benötigten Menge an Geld überfordert wäre. Auch ein reicher Fonds aus dem Ausland vermag eine solche Last nicht zu schultern. Es bleibt nur eine Lösung: Dieser Jemand muss der Staat, oder im Fall einer globalen Krise, müssen die Staaten sein. Sie übernehmen die Rolle des wirtschaftlichen Antreibers, indem sie investieren und konsumieren oder über die Zentralbank Geld verbilligen. Auch die EZB muss für diese Liquiditätsbedürfnisse Mittel zur Verfügung stellen. Regierung und Zentralbank füllen also lediglich eine Lücke, die der Rückgang der privaten Wirtschaftsaktivität hinterlässt. Diese Politik erzeugt jedoch keine Inflation, sie verhindert allein die Deflation. Ob es zur Inflation kommt, entscheidet sich erst dann, wenn die Wirtschaft an Fahrt gewinnt, wenn also ein selbsttragender Aufschwung eingesetzt hat und die Privaten ihre Aktivitätslücke zu schließen beginnen.

Würde die Politik auch dann ihren stimulierenden Kurs beibehalten, drohte in der Tat eine Inflation. Denn wenn Konjunkturprogramme und hohe private Investitions- oder Konsumwünsche zusammentreffen, reichen die vorhandenen Produktionskapazitäten und auch die globalen Ressourcen an Rohstoffen bald nicht mehr aus, um alle Nachfragewünsche zu befriedigen. Es kommt zu massiven Preiserhöhungen, die in einer Inflationsspirale enden können. Allerdings nur wenn gravierende wirtschaftspolitische Fehler gemacht werden, ist eine solche Entwicklung zwangsläufig.

Manches ergibt sich fast von selbst. Voraussetzung für eine Erholung ist, dass der Finanzmarkt wieder funktioniert, die Banken Vertrauen aufgebaut haben und sich wechselseitig Geld zu den vor der Krise üblichen Konditionen leihen. In gleichem Maße wird dann gleichsam automatisch die Liquidität der EZB nicht mehr in Anspruch genommen und kann somit auch keine Inflation auslösen. Ferner wird die EZB die Wertpapiere verkaufen, die sie in der Krise gekauft hat. Auf diese Weise würde die zuvor in die Märkte gepumpte Liquidität diesen rasch wieder entzogen - ohne Inflationsgefahr. Und schließlich wird die EZB in einem Aufschwung die Zinsen nicht auf ihrem derzeitigen niedrigen Niveau belassen, sondern sie anheben und damit Geld verteuern.

Es bleibt also die vermeintliche Gefahr durch die Staatsschulden. Ein hoher Staatsschuldenstand kann nur dann zu Inflation führen, wenn die EZB durch Offenhalten der Geldschleusen eine gezielte inflationsbedingte Entwertung dieser Schulden herbeiführt. Nach allen rechtlichen und institutionellen Regelungen in der EU ist dies verboten. Eine solche Strategie würde also einen gezielten Rechtsbruch voraussetzen, was nicht sehr realistisch ist. Selbst wenn dies geschähe, wäre der Preis sehr hoch. Denn jede neue Kreditaufnahme des Staates würde dann wegen der hohen Inflation nur zu sehr hohen Zinssätzen möglich sein, so dass mehr als fraglich ist, ob es sich überhaupt lohnte.

Schließt man dieses Vorgehen aus, bleibt das Risiko zu hoher laufender Defizite, die die Nachfrage im Aufschwung inflationsträchtig stimulieren. Aber auch hier ergibt sich vieles von allein. So gehen die Defizite im Aufschwung zu einem großen Teil automatisch zurück, weil nun die Steuereinnahmen steigen und die Sozialausgaben sinken. Da zudem ein großer Teil der Konjunkturprogramme temporär angelegt ist, sollte auch dies kein Problem darstellen, weil sie im Laufe der Zeit auslaufen.

Schwieriger ist es, jenen Teil zu reduzieren, der nicht befristet ist, wie zum Beispiel Steuersenkungen im Konjunkturpaket II. Die wirtschaftspolitische Aufgabe für die Regierungen ist hier, die Konjunkturprogramme rechtzeitig und vollständig zurückzuführen. Nur so ist sichergestellt, dass die staatliche Nachfrage in Zeiten des Aufschwungs abnimmt und somit von der Fiskalpolitik keine Gefahr für die Preisstabilität ausgeht. Das verträgt sich allerdings nicht mit der Fortdauer bestehender oder gar der Ankündigung zusätzlicher Steuersenkungen: Wer weder Inflation noch eine hohe Staatsverschuldung will, muss bereit sein, diesen politischen Preis zu zahlen.

Erstaunlich an der ganzen Debatte ist, warum sie von Politikern überhaupt geführt wird, wenn die wirkliche Gefahr auf absehbare Zeit Deflation heißt. Der Grund kann nur sein, dass sie ein Alibi dafür suchen, nichts mehr gegen die Krise zu unternehmen, um ihren überholten ordnungspolitischen Vorstellungen zu huldigen. In dem Fall sollte dann der Ruf erschallen: "Schützen Sie sich vor Deflation! Wechseln Sie Ihre Regierung aus!"

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4 Kommentare

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  • TA
    Tristan Abromeit

    Der Leser Andreas beendet seine Stellung- nahme zu dem Kommentar von Gustav Horn mit folgender Einschätzung:

    „Ansonsten sieht der Sachverstand im Bundes- tag ganz schön schwach aus. Wer sich an die Finanzetats von Gerhard Stoltenberg und den Vorgängern erinnert, der weiß, dass damals viele Faktoren und Positionen weitaus besser bekannt und diskutiert waren als heute.“

    Ich schätze, dies ist eine nostalgische Verklärung des tatsächlichen Sachverhaltes. Die Beschreibungen der Konjunkturlagen waren schon immer unübersichtlich und widersprüch- lich. In den „Konjunkturpolitischen Betrach- tungen“ von Karl Walker, 1961 ist zu lesen:

     

    „In einem wirtschaftspolitischen Artikel schrieb Hans Herbert Götz einmal in der „Frankfurter Allgemeinen“, wenn man dem Bundestag eine Gesetzesänderung vorschlage, mit der konjunkturdämpfende Wirkungen er- zielt werden sollen, könne man keineswegs sicher sein, daß nicht in einem halben Jahr ein Gesetz herauskommt, das genau das Gegen- teil bewirkt (…).“

     

    Die Unübersichtlichkeit und Widersprüch- lichkeit sieht heute z. B. so aus:

    „Nach Ansicht der Schuldnerauskunft Schufa spüren Privathaushalte in Deutschland kei- nerlei Kreditklemme. Im Gegenteil: Getrieben durch Null-Prozent-Finanzierungsangebote etwa für Fernseher und die durch die Abwrack-prämie angekurbelte Autonachfrage sei die Zahl der neu vergebenen Verbraucherkredite im ersten Halbjahr 2009 deutlich angestie- gen. Insgesamt hätten Banken von Januar bis Juni 4,1 Millionen Ratenkredite zugesagt und damit 20 Prozent mehr als im ersten Halbjahr des Vorjahres.‘Die Kredite werden nicht aus Not aufgenommen, sondern die Verbraucher konsumieren etwas mehr‘, sagte Schufa-Chef Rainer Neumann gestern in Frankfurt.“

    (HAZ – Wirtschaft, 31. 7. 09)

     

    „Großhandel sieht die Talsohle als erreicht an …

    … ‚Dank ihrer enormen Flexibilität werden unsere mittelständischen Unternehmen auch diese Krise überstehen, wenn uns die Banken jetzt keinen Strich durch die Rechnung machen‘, sagte AGA-Präsident Hans Fabian Kruse.

    Die Versorgung der Wirtschaft mit Liquidität habe Priorität. Gegenwärtig klagen 28 Pro- zent der Unternehmen über schlechtere Finanz-bedingungen. Dieser Anteil werde in den nächsten Monaten steigen, weil sich die Bilanzen der meisten Unternehmen im Verg- leich zum Vorjahr verschlechtern und damit die Beurteilung der Risiken durch die Banken kritischer wird.“

    (HAZ – Wirtschaft, 1. 8. 09)

     

    Und wenn der Leser vic den Schlußsatz von Gustav Horn „‘Schützen Sie sich vor Defla- tion! Wechseln Sie Ihre Regierung aus!‘ “ aufgreift und schreibt,

    „Alleine kann ich das nicht, aber nur zu gerne, denn sie ist für die Bewältigung der bestehenden und kommenden Schwierigkeiten schlicht ungeeignet.“, dann wäre er auch auf dem Holzweg, wenn er den Wechsel alleine bewirken könnte.

     

    Auch die Hinweise auf den Neoliberalismus sind nicht mehr als das Geschimpfe auf Juden, Unternehmer und Multis in früheren Zeiten, solange nicht analytisch nachgewie- sen wird, was ihre Vertreter Falsches und Richtiges sagen und fordern und was sie übersehen oder unterbelichten. Da die ver- schiedenen Ökonomieschulen sich nicht ein- deutig bestimmten Parteien zuordnen las- sen,ist mit einem Auswechseln der Regierung nichts gewonnen. Gemessen an der ökonomi- schen Wirklichkeit kann aber gesagt werden, daß der von den tüchtigen und sympathischen Wirtschaftswissenschaftlern in klugen Büchern und raffinierten mathematischen Formeln verpackte Schwachsinn, der von allen parlamentarischen und regierenden Wirtschaft-sexperten, die in deren Hörsälen gesessen haben und inhaliert wurde, die klare Sicht und wirtschaftliche Vernunft genommen wurde.

     

    In einer früheren Stellungnahme habe ich gesagt, da die ökonomischen Hochschullehrer und Gutachter in der Regel Beamte sind, de- nen kein Schaden auf Grund ihrer klugen Dummheiten entsteht, sollte man sie alle zum Einsatz zur Betreuung der Wohnungslosen ein- setzen, damit sie die Konsequenzen ihrer Lehren in der Praxis erleben.

     

    Gustav Horn spult in seinem Kommentar ein- fach eine Zusammenfassung vom Keynesianismus I ab, so als ob dieser noch nicht geschei- tert wäre. Der Begriff Stagflation wurde zu Zeiten der Herrschaft des Keynesianismus in der Wirtschaftspolitik geprägt.

     

    Keynesianismus I bedeutet hier, daß die Hauptansatzpunkt die Staatshaushalte sind und zwar ohne Rücksicht darauf, das die Rationalität der staatlichen Haushalts- führung dabei verloren geht.

    Der Keynesianismus II bedeutet, daß der Hauptansatzpunkt bei der Zentralbank liegt. Die Notenbanken geben über die Geschäfts-banken zu einem negativen Zinssatz den investitionswilligen Unternehmen Kredite. Dieser Ansatz wurde von Prof. Dr. Ulrich van Suntum am anderen Platz ins Gespräch eingeführt. Ich halte diesen Ansatz für den

    intelligenteren, aber nicht weniger proble-matischen.

     

    Beim Geld geht es nicht nur um bedrucktes Papier und geprägtes Metall. Geld repräsen- tiert – in gestückelter Form – Güter und Dienstleistungen im aktuellen Markt. Es ist daher – um Betrug im Schutze des Staates zu vermeiden – wichtig, daß niemand (außer Übertragungen) zu Geld kommt, der nicht eine entsprechende Leistung erbracht hat oder aktuell erbringt. Das Geld kann aber seine Funktion aber nur erfüllen, wenn es konstant umläuft. Ein stabiles Preisniveau – ein Segen für alle Vertragsinhaber, die Forde-rungen in Geld haben und ein niedriges Zins- niveau ein Segen für alle Schuldner und Pro- duzenten wird unter der jetzigen Gestalt von Geld ein Feind des stetigen Umlaufes.

    Kommt es zu einer allgemeinen ökonomischen Verunsicherung durch Anziehen der Steuer- schraube, durch Instabilität des politischen Systems, durch allgemeine schlechte Zukunfts-erwartungen oder durch negative, abrupte Veränderung der Marktdaten dann stockt der Geldkreislauf, weil die Unternehmen aus Sicherheitsgründen mehr die Sicherheit pflegen als die Rentabilität ihres Unter-nehmens. In einer solchen Situation Füllen sich bei zusätzlicher Geldzufuhr die Horte, aber der Umsatz und damit die Beschäftigung nehmen nicht zu.

     

     

    Keynes, der ja genau erkannt hatte, warum unter bestimmten Bedingungen das Einkommen nicht zur Nachfrage wird, dadurch die Märkte nicht geräumt werden und es zu einer Unter-beschäftigung kommt, hat ja seine Ersatz-nachfrage kreiert, weil er die Schwierig-keiten des Widerstandes gegen die bessere Lösung, die Silvio Gesell gefunden hatte, aus dem Weg gehen wollte. Es ist aber leicht auszumachen, daß die Sozialdemokraten in ihrer Staatsbesessenheit gerne den falschen Weg von Keynes gefolgt sind und sich mit Händen und Füßen (und Parteiausschlüssen) gegen die Gesellsche Lösung gewehrt haben, weil ihnen die marktwirtschaftliche Dynamik nie richtig verständlich, aber dafür unge- heuerlich war.

     

    Anderseits: In der ursprünglichen Konzeption der Sozialen Marktwirtschaft herrschte die Vorstellung, das das Kapitaleinkommen nach Anlaufen des Modells mit der Zeit zu einer unwichtigen Restgröße würde. VW und Porsche wären danach heute im Eigentum der dort beschäftigten Arbeitnehmer gewesen und nicht im Eigentum des Landes Niedersachsen, einer Industriellenfamilie und demnächst von Ölscheichs. Arbeitnehmer wären nicht wie heute abwechselnd Bittsteller bei Konzernen, Sozialpolitikern und von Argen aus Sozial- und Arbeitsamt. Dazu wären aber die wesent-lichen Bausteine der Freiwirtschaftsschule – die Geld- und Bodenrechtsreform – erforderlich. Aber gerade dies haben - wie zu Zeit der Weimarer Republik die Demokraten - im Nachkriegsdeutschland bis in unsere Tage die Linken unterschiedlicher Prägung und jene Zeitgenossen verhindert, die unter dem Begriff Soziale Marktwirtschaft den nackten – durch soziale Zwangskollektive kaschierten – Kapitalismus wollten. Und die Wirtschaftswissenschaft hat sich kollektiv geweigert, sowohl das theoretische Verwir-rspiel einzustellen, die Mängel unserer Öko- nomie wirklich zu klären und die der Interes-senverbände und der Parteien durchsichtig zu machen.

     

    Tristan Abromeit

    www.tristan-abromeit.de

  • JH
    Josef Hüwe

    Wie hoch müsste die Preissteigerungsrate steigen, um von Inflation sprechen zu können? Jene ist z. Zt. nur deshalb so extrem niedrig, weil vor einem Jahr ein Preisverfall bei Mineralölprodukten und einigen Lebensmitteln einsetzte. Der Einbruch der Weltkonjunktur ließ die Nachfrage nach Öl einbrechen. Ohne Berücksichtigung jener Produktgruppen würde laut Meldungen der Fachpresse die Inflationsrate bei 1,3 v.H. liegen.

    Die Verhältnisse können sich schnell wieder ändern, falls der Ölpreis wieder steigt.

     

    Und zur Frage einer Deflation. Erwartet wird ein deutliches Ansteigen der Arbeitslosigkeit gegen Jahresende und im Laufe des nächsten Jahres. Das DIW hat soeben seine Konjunkturprognose gesenkt.

    Deswegen muss es nicht zu einer ausgesprochen deflationären Entwicklung kommen. Aber es ist nicht auszuschließen, dass wir eine Stagflation erleben werden, was die Politik in ein Dilemma bringen würde.

  • A
    Andreas

    Die Regierung schützt mit dieser Politik vor allem die großen Vermögen. Denn sie hält die Inflation klein, dafür lässt sie die Krise von der Leine. Und das bedeutet, die Armut und Arbeitslosigkeit steigt. Die Kosten dafür werden immer stärker gebrandmarkt und angeprangert, es werden Bilder bemüht, dies sei ja gar nicht mehr finanzierbar, währenddessen schenkt die gleiche Regierung den Vermögenden Champagner ein.

    Das ist die soziale Seite dieser Wirtschaftspolitik: Sie fördert Armut, Arbeitslosigkeit, strukturelle Armut in kleinen und mittleren Betrieben und sie bremst jede soziale positive Entwicklung langfristig aus, weil ja da Geld fehlt.

    Da der Staat immer Geld verteilt, investiert und politische Schwerpunkte setzt, ist dieser Prozess immer von starker Interessenartikulation geprägt.

    Und es gewinnt der, der sich am geschicktesten so verhält, als seien die Ausgabestrukturen des Staates für ihn selber wichtige Investitionen und jene, die ihm nichts nützen, Kosten, Verschwendung und fehlgeleitete Ausgabepositionen.

    Nach dieser Sprachregelungen haben Wirtschaftslobbyisten jahrelang Sozialausgaben als Verschwendung gebrandmarkt und konnten in jeden Zyklus eine Leier anstimmen: Uns geht das Geld aus, wir sind ruiniert und bald überschwemmt uns eine gigantische Schuldenwelle.

    Diese Bilder sind zwar abgegriffen und empirisch niemals wahr gewesen, aber sie werden wiederholt und Wiederholung ist die Mutter des Lernens.

    Heute glauben Tausende Deutsche dieses Lied und singen damit nur den Song der Vermögenden und der Establishment-Parteien.

    Diese Perspektive hat längst die SPD, die Grünen und sogar Teile der Linken (früher PDS) befallen. Gerade die SPD verwirklichte mit dem Arbeitslosengeld II (Hartz) die Wünsche von Industrie, Wirtschaftslobby und den neo-liberalen Wirtschaftsinstituten. Obgleich Ankündigungen und Ziele gar nicht erreicht wurden, wird auch hier wieder die gleiche Leier angestimmt und es ist geradezu vorprogrammiert, dass im nächsten Bundestag weitere Sparprogramme diskutiert werden.

    Das wirkliche Dilemma dieser Politik und wirtschaftspolitischen Theoriebildung ist, dass auf weiter Front ein Umdenken dringend notwendig wäre.

    Arbeitslosigkeit, Armut und mangelnde Dynamik sind extrem schädlich für ein Land und können zum Verlust der wirtschaftlichen, technischen und sozialen Gestaltungskompetenz führen.

    Darüber reden gerade die neoliberalen Theoretiker nicht gerne, aber nachweislich ist England heute auf dem Niveau und von Griechenland und Portugal in vielen Bereichen. Gerade Margret Thatcher hatte mit immensen Aufwand versucht, die großen Vermögen zu schützen, der Rest des Landes kämpft seither mit einer schwachen Wirtschaftsstruktur.

    Und für Deutschland droht Ähnliches, denn hier gibt es mit dem Gebiet der ehemaligen DDR sowieso eine Problemzone auf dem Niveau eines unabhängingen Staates.

    Dass sich diese ex-DDR und die BRD immer nocha auseinander entwickeln, dass es langfristig nicht möglich sein wird, dort Krankenkassen und soziale Systeme auf dem Niveau des Westens aus diesem Gebiet heraus zu erhalten, zeigt, wie schwer die Krise Deutschlands geht.

    Dabei wäre ein Umsteuern relativ leicht. Investitionen in Bildung, Umwelttechnologie, gerechte Arbeits- und Sozialpolitik, gerechte Steuern und eine Besteuerung von großen Vermögen - es würde ein Riesenschritt nach vorne werden.

    Bislang vertritt nur die Linke ein Programm dieser Art - und die würden es wohl einer SPD-Grünen-Koalition opfern.

    Ansonsten sieht der Sachverstand im Bundestag ganz schön schwach aus. Wer sich an die Finanzetats von Gerhard Stoltenberg und den Vorgängern erinnert, der weiß, dass damals viele Faktoren und Positionen weitaus besser bekannt und diskutiert waren als heute.

  • V
    vic

    "Wechseln Sie Ihre Regierung aus!"

    Alleine kann ich das nicht, aber

    nur zu gerne, denn sie ist für die Bewältigung der bestehenden und kommenden Schwierigkeiten schlicht ungeeignet.

    Sie betreibt noch immer, wider alle Vernunft, Klientelpolitik. Sie lässt z.B. noch immer zu, dass die Deutsche Bank schon wieder Milliardengwinne mit Investmentfonds und Derivaten erzielt.

    Primär muss der Finanzmarkt sofort reguliert werden, gerade jetzt wo dem Staat die HRE gehört.