Steuerpakt zwischen Schweiz und Österreich: Alpenabkommen für Steuerhinterzieher
Nach Deutschland und Großbritannien vereinbart die Schweiz auch mit Österreich ein Steuerabkommen. Das Land will nicht mehr als Oase für Steuerkriminelle gelten.
HAMBURG taz | Die Schweiz hat sich im Schatten der festgefahrenen Verhandlungen mit Deutschland auf ein Steuerabkommen mit seinem Nachbarland Österreich geeinigt. Der Alpensteuerpakt folgt in den Grundzügen den Vereinbarungen mit Deutschland. Doch die Steuersätze unterscheiden sich erheblich.
Auch in Wien wird um das Abkommen gestritten. „Österreich hat großes Interesse an dem Abkommen“, beharrte jedoch Finanzministerin Maria Fekter nach der Unterzeichnung am Freitag in Bern. Sie rechne damit, „dass in der ersten Jahreshälfte 2013 die ersten Beträge zu fließen beginnen, ohne große Übergangsfristen“. Alle drei österreichischen Oppositionsparteien kritisieren das Steuerabkommen der rot-schwarzen Regierung Kanzler Faymanns (SPÖ) als Ablasshandel, gelten aber parlamentarisch als chancenlos.
Österreich erhofft sich Einnahmen von rund einer Milliarde Euro. Wie im Fall Deutschlands sollen die seit Jahrzehnten auf Konten in der Schweiz gehorteten Schwarzgelder einmalig pauschal besteuert werden. Schätzungen zufolge geht es um 12 bis 20 Milliarden an unversteuerten Austro-Euro. Unterschiedlich sind die Steuersätze in beiden Abkommen: Österreichs Steuerhinterzieher kommen mit 15 bis 38 Prozent billiger davon.
Mit Deutschland hat die Schweiz eine Spanne zwischen 21 und 41 Prozent vereinbart. Begründet wird der Unterschied von Schweizer Seite mit unterschiedlichen Steuerarten in beiden Partnerländern. Beobachter verweisen aber auch auf die größere Verhandlungsmacht der Bundesregierung sowie auf den angesichts der Landtagswahlen im Mai zu erwartenden Widerstand der Opposition in Deutschland hin. Beides trieb den Preis für die Weißwäsche hoch.
SPD, Grüne und Linkspartei wollen trotzdem im deutschen Bundesrat ihre Zustimmung verweigern. Hauptkritikpunkt in Berlin wie in Wien ist, dass sich Steuerbetrüger mit einer moderaten Abschlagszahlung von aller Schuld befreien könnten und bessergestellt würden als steuerehrliche Bürger. Rückendeckung für die Kritiker kommt aus der Wissenschaft. Nach Berechnungen des Berliner Steuerexperten Frank Hechtner würden die meisten Schwarzgeldbesitzer mit dem niedrigsten Steuersatz belegt. Steuerbetrüger könnten ihr verstecktes Vermögen somit günstig reinwaschen.
Schlechtes Image ablegen
Für die Schweiz ist es nach der Abmachung mit Großbritannien und Deutschland das dritte Steuerabkommen mit einem EU-Land in Folge. Es soll helfen, das schlechte Image als Oase für Steuerkriminelle abzulegen.
In der Schweiz macht man sich Hoffnung auf weitere derartige Vereinbarungen etwa mit Frankreich und Italien. Seit Jahren wächst der Druck auf Bern, sein 1935 verankertes Bankgeheimnis zu lockern. Vor allem den angriffslustigen USA ist Bern weit entgegengekommen.
In der bisherigen Schwarzgeldhochburg setzen Finanzindustrie und Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf nun auf eine „Weißgeldstrategie“. Die Bankenbranche beansprucht in der Eidgenossenschaft eine ähnliche Rolle wie die Autoindustrie hierzulande. Das imageschädigende und an Bedeutung verlierende Steuerfluchtgeld möchte man überwinden, um global weitere Marktanteile für die heimischen Großbanken Credit Suisse und UBS zu gewinnen.
Mit den Abkommen erhält die Schweiz einen verbesserten Marktzugang in den entsprechenden Ländern: Künftig dürfen Schweizer Geldgiganten ihre Geschäfte in Deutschland, Großbritannien und Österreich wie zu Hause betreiben.
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