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Kolumne Die KriegsreporterinAuf der Online-Resterampe

Der „Spiegel“ vergisst die Frauen, bei der „Financial Times Deutschland“ ist Ausverkauf und Testprodukte gibt's nicht.

Beim „Spiegel“ vergisst man schon mal die Zielgruppe Frau Bild: dapd

H allo, taz-Medienredaktion!

Knirsch, knirsch machen die Zähne der Spiegel-Männer, denn betrübliche Nachrichten erörtert man in Hamburg tapfer mit zusammengebissenen Beißerchen. Der Umsatz ist gegenüber 2011 um 6 Prozent zurückgegangen, die Anzeigenerlöse um 10 Prozent. Knirsch, knirsch tönt es aus den Machern, und unsereins wundert sich gar nicht, dass alles schrumpft, weil man beim Nachrichtenmagazin Number one nicht kapieren möchte, dass man das Heft auch für Frauen machen könnte.

Aber wer beim Titelthema „Ärzte – Retter oder Pfuscher?“ nicht auf die Idee kommt, bei zwei abzubildenden Medizinern auch eine Frau zu zeigen, muss sich a) nicht wundern, wenn Frauen – die einzig wachsende Zielgruppe – alles Mögliche kaufen, nur eben nicht den Spiegel. Und wenn b) dementsprechend auch keine Anzeigenkunden kommen, die Frauen als Käuferinnen avisieren. Aber wahrscheinlich ist das auch nicht gewollt. Frauen.

Bild: Eva Haeberle
Silke Burmester

berichtet wöchentlich von der Medienfront. Feldpost? Mail an kriegsreporterin@taz.de

Dann müsste man ja am Ende noch welche auf die Führungsetagen hieven. Und vielleicht sogar welche, die erfahren, aber nicht jung sind. Nee, dann lieber Schwund auf ganzer Linie und erhobenen Hauptes in den Sparkurs gehen. McFit statt Meridian Homme, Kentucky Fried Chicken statt Coq au Vin und Balea Rasiergel, vier Tuben für 5,80 Euro.

Einkaufen konnte man diese Woche auch bei der FTD. Die FT- was?! FTD, das war mal ein journalistisches Aushängeschild des Verlags Gruner & Jahr, der neuerdings noch den Spiegel (ja, diese oben benannte Verlustnummer) nennt, wenn er nach seinem journalistischen Profil gefragt wird. Die FTD also hat bei Ebay versteigert, was von der tollen Zeit übrig ist. Auszeichnungen, ein Exemplar der ersten Ausgabe, Champagner und ein Zeitungssofa konnte man erstehen, und was mir besonders gut gefällt: Das Geld geht an Reporter ohne Grenzen.

Moralapostel ohne Moral

Und nicht etwa als Prozesskostenunterstützung an Michael Konken, den Vorstand des Deutschen Journalisten-Verbands, der wegen Untreue angeklagt ist. Was ja recht unschön ist: als Vorsitzender einer Berufsgruppe fungieren, die sich als Kontroll- und Moralinstanz versteht, und dann Gelder einheimsen, die einem womöglich nicht zustehen. Sollte es stimmen, muss man immerhin kein Mitleid wegen der Prozesskosten haben.

Ja, Transparenz ist auch an anderer Stelle gefragt. So bin ich ja schon seit Jahrzehnten eine Befürworterin der Praxis, die keiner umsetzt, etwa bei Reisegeschichten kenntlich zu machen, wenn Kosten durch Veranstalter und Ähnliches übernommen wurden. Die FAZ geht jetzt einen ähnlichen Weg und wird zusammen mit der FAS auf den Technikseiten darauf hinweisen, dass die Redaktion die vorgestellten Produkte zu Testzwecken von Unternehmen zur Verfügung gestellt bekommen hat.

Leider werden sie wohl nicht vermelden, ob sie die Sachen nach der Probe wieder zurückgeschickt haben. Ich würde es ja sofort benennen, wenn ich denn Produkte bekäme, und schreiben: „Diese schöne Kolumne wurde für Sie mit einem Füller der Marke Montblanc erstellt.“ Oder: „Dank der wunderbaren Produkte von Dr. Hauschka sah ich beim Verfassen dieser Zeilen zehn Jahr jünger aus.“ Aber hier auf meinem Außenposten kommt ja nix an.

Immerhin aber wurden mir auf meinen Text neulich zwei Pressereisen offeriert, von denen eine allerdings doch eher als Sexreise angelegt ist, was natürlich nicht in Betracht kommt. Ich bin ja schließlich anständig und auch nicht im Vorstand von einer Organisation, sodass ich das Maß für die Dinge verliere. Den Reißverschluss bis unters Kinn gezogen gebe ich zurück nach Berlin!

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Kolumnistin
Silke Burmester war über 25 Jahre schreibende Journalistin. Von Anfang an auch für die taz. Hier hat sie u.a. Carla Brunis geheimes Tagebuch veröffentlicht und als „Die Kriegsreporterin“ von der Medienfront berichtet. Jetzt hat sie beschlossen, Anführerin einer Jugendbewegung zu werden und www.palais-fluxx.de für Frauen ab 47 gegründet, das "Onlinemagazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre“. Für die taz wird sie dennoch ab und zu schreiben, logo!
Kolumnistin
Silke Burmester war über 25 Jahre schreibende Journalistin. Von Anfang an auch für die taz. Hier hat sie u.a. Carla Brunis geheimes Tagebuch veröffentlicht und als „Die Kriegsreporterin“ von der Medienfront berichtet. Jetzt hat sie beschlossen, Anführerin einer Jugendbewegung zu werden und www.palais-fluxx.de für Frauen ab 47 gegründet, das "Onlinemagazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre“. Für die taz wird sie dennoch ab und zu schreiben, logo!
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9 Kommentare

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  • R
    ReVolte

    SPON fragte erst neulich ganz devot:

     

    "Feminismus - Werden Männer in der heutigen Welt nicht mehr gebraucht? ...weibliche Tugenden wie Kommunikationsfähigkeit und bessere Verbalisierung von Problemen stehen hoch im Kurs und Jungen fühlen sich zunehmend als das unvollkommene Geschlecht. Auch im späteren Leben sind männliche Eigenschaften in der Wahrnehmung vieler immer weniger gefragt. Ist der Mann in der heutigen Welt eigentlich überflüssig?"

     

    Und olle Burmester schäumt nicht etwa über derlei - wie es die gemeine Feministin für gewöhnlich formuliert - "sexistische Kackscheiße", sondern über SPON-Titelbilder ohne Frau. Denn "sexistische Kackscheiße" gegen Männer, insbesondere weiße, ist doch voll korrekt, wie Burmester im SPON alle Welt zu verstehen gab.

     

    Oh so horny!

  • R
    ReVolte

    "Der Umsatz ist gegenüber 2011 um 6 Prozent zurückgegangen, die Anzeigenerlöse um 10 Prozent."

     

    Vermutlich liegt es eher an femifanatischen Kolumnenschreiberlinginnen und deren Arroganz, Häme, Sexismus und Rassismus, von denen immer mehr MENSCHEN die Nase gestrichen voll haben:

     

    http://gaywest.wordpress.com/2012/11/18/gott-sei-dank-schwul/

  • W
    werner

    Also ich find's witzig, wie Silke den oberschlauen Welterklärern von Spiegel und Co so ab und an mal vor's Schienbein tritt.

    Und dass FTD an den Marktgesetzen scheitert, die sie selbst so gerne als alternativlos nachgeplappert hat, auch.

    Das hat doch nix mit alternder Restfeministin zu tun, wenn mal der Blickwinkel ein wenig verschoben wird.

  • F
    Falmine

    Danke, Silke Burmester, für den kleinen Hinweis darauf, wie sich noch Umsatz beim SPIEGEL generieren ließe. ;-) Die Welt ist voller interessierter Frauen, nur dort werden sie auf Themen wie Verbraucherschutz, Gesundheit oder Bildung reduziert. Welches Missverhältnis Leser zu Leserinnen besteht, lässt sich in etwa an den Leserbriefen abschätzen: etwa 20:1. Neulich habe ich mein jahrzentealtes Abo gekündigt.

     

    Und wenn Titel wie ftd eingehen, hoffe ich, dass die Ökonomisierung sämtlicher Lebensbereiche zu Ende geht und mit ihr die Existenz reiner Wirtschaftszeitungen.Ich will das jetzt einfach mal so glauben - bald ist Weihnachten. Schöne Bescherung!

  • Y
    yberg

    die hatten auf dem titel keinen platz mehr für " retterinnen und pfuscherinnen " und hamn die doktorin wieder zur arbeit geschickt.

     

    frau,mann,frau habt ihr probleme...

  • H
    HamburgerX

    @random:

     

    Hinsichtlich des Grammatikfehlers haben Sie natürlich Recht, das war der nachträglichen Umformulierung geschuldet.

     

    Erlauben Sie mir, aber auch darauf hinzuweisen, dass sich "Autor" ohne h schreibt, "dass" mit Doppel-s statt einem s und "Meinung" groß geschrieben wird.

     

    Ich glaube nicht daran, dass der Spiegel dadurch Anzeigen verliert, dass er zwei männliche Arzte auf dem Cover zeigt. Ich glaube vielmehr daran, dass die Autorin des Artikels das nur als Aufhänger sieht, um neue Quotenvorschriften in den Köpfen voranzutreiben.

     

    Vielleicht finden Frauen männliche Ärzte sogar besser auf einem Titelblatt? Wer weiß? Dafür bräuchte man eine Medianalyse bzw. eine Marktforschung.

     

    Allgemein werden es klassische Printtitel natürlich in Zukunft schwerer haben, die Werbe-Budgets fließen immer mehr in Social Networks und Online-Ausgaben, nicht nur aus technischen Gründen, sondern weil da auch immer noch mehr jüngere, werbeaffinere Konsumenten verweilen. Eigentlich banal, dass in einem solchen Umfeld zuerst die sowieso auflagenschwächelnden Titel aus dem Markt scheiden.

  • SE
    S. E.

    Oh man. Sich darüber aufzuregen, dass auf einem Titelbild zufällig zwei Ärzte zu sehen waren und keine Frau....Sie hätten sich auch im Falle einer Frau aufgeregt, falls diese zufällig der Reihenfolge der Wörter in der Überschrift entsprechend auf der Seite der "Pfuscher" zu sehen gewesen wäre. Im Falle von zwei Frauen aus ähnlichem Grund ebenso.

     

    Kolumnen wie die Ihre sind übrigens der Grund, weshalb ich nach einer einmaligen Zahlung vor etwa einem Jahr nichts mehr für die Online-Ausgabe der Taz zahlen werde, egal wie viele Banner noch gezeigt werden. Ich lese zwar gelegentlich Artikel, weil man sich ja auch mit differierenden Meinungen beschäftigen soll, aber falls die Taz pleite geht, würde ich das mit ziemlich viel Fassung tragen. Solchen Unfug nehme ich zwar zur Kenntnis, unterstütze ihn aber nicht noch zusätzlich.

  • R
    random

    @ hamburger: erstens glaube ich es müsste "eine der erfolgreichsten..." heissen.

    zweitens geht es hier um die printausgabe und die hat eine andere redaktion oder irre ich mich?

    drittens denke ich das Sie das Thema Frauen insoweit missverstanden haben alsdas es nicht darum geht das die Authorin den Zustand bemängelt weil Sie sich ungerecht behandelt fühlt und so wie sie meinen "GENDER GENDER" schreit, sondern es geht meiner meinung nach nur darum das der Spiegel durch seine momentane Bildsprache Frauen einfach weniger anspricht und dadurch potenzielle Anzeigenkunden verliert. Die Titelbilder des Spiegels sind doch so gemacht das man in einer sekunde dazu bewegt werden soll die zeitschrift in die hand zu nehmen. Um nochmal auf Ihren zitats kommentar einzugehen. Das Problem ist: Zeitschriften bedienen bestimmte Zielgruppen. Sowohl leser als auch Werber gehören dazu. Je nachdem wie viele und wer eine Zeitschrift liest bestimmt die Zielgruppe. Wenn der Grafiker nunmal keine vorlage eines weiblichen arztes hatte um diese einzubasteln hat dies direkt auswirkungen auf den absatz. man denke nur an die niedrigeren absatzzahlen wenn die Bild Ihre nackten Damen auf der ersten seite weglässt. Die Werber wissen ganz genau wen Sie ansprechen wollen und wen nicht. Stellen Sie sich vor was man als Mann klischee mässig zu weihnachten bekommt. diese artikel haben meist sehr maskuline werbung aber die Nutzer des Produktes sind nicht die Käufer. Sondern Frauen sehen diese Anzeigen und verschenken es dann. Wenn aber keine Frau das Magazin liest wird solche Werbung weniger was dann zur Folge hat das sie "unmännlicher" wird weil es weniger Männerprodukteanzeigen gibt. auch das kann für weniger Absatz sorgen. Zu bedenken ist hierbei inwieweit man sich als leser über eine Zeitschrift positioniert. Sowohl in meinem kopf als auch in meinemumfeld. Wenn nur Luxusmarken beworben werden hat das einen einfluss darauf wie ich als leser die wirklichen Beiträge bewerte. und dort liegt das Problem des Spiegels. Es geht nicht wie sie meinem um Gender. das ist nochmal ein getrenntes Problem,sondern nur um die sinkenden Zahlen.

  • H
    HamburgerX

    Der Spiegel ist und bleibt einer der erfolgreichsten Nachrichtenseiten. Die Onlineausgabe stellt die Konkurrenz in den Schatten. Wer glaubt, mit Fokus auf quoten-gender-antifa-Gedöns Leser zu binden, dem wird es wie der FTD oder der Frankfurter Rundschau ergehen.

     

    Zitat

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    Aber wer beim Titelthema „Ärzte – Retter oder Pfuscher?“ nicht auf die Idee kommt, bei zwei abzubildenden Medizinern auch eine Frau zu zeigen, muss sich a) nicht wundern, wenn Frauen – die einzig wachsende Zielgruppe – alles Mögliche kaufen, nur eben nicht den Spiegel.

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    Die paar alternden Restfeministinnen, die sich über so etwas noch aufregen, kaufen eh die Emma. Wo ist das Problem?