Spendenkampagne Wikipedia: Streit ums Geld
Die Wikimedia-Stiftung hat auch dieses Jahr wieder Millionen gesammelt - 72 Prozent mehr als im Vorjahr. Jetzt geht das Hickhack darüber los, wer sie ausgeben darf.
Es war ein erfolgreiches Jahr für die Wikimedia Foundation. Wieder einmal steigerte die Organisation hinter der Online-Enzyklopädie ihre Einnahmen der jährlichen Spendenkampagne, und zwar um satte 72 Prozent. Über 20 Millionen US-Dollar hat die US-Stiftung eingesammelt, plus 8 Millionen Dollar, die die Wikimedia-Länderorganisationen in Deutschland, Frankreich, der Schweiz und Großbritannien eingenommen haben.
Doch nun gibt es Streit um die Verteilung des Geldes. Sue Gardner, Geschäftsführerin der Wikimedia Foundation, stellte kürzlich den Entwurf für neue Spielregeln bei der Spendenkampagne vor. "Der derzeitige Zustand lässt sich nicht aufrechterhalten", schreibt sie. Die Spendenverwaltung sei zu ineffektiv. Bisher ist die Bewegung hinter Wikipedia aufgeteilt in die Wikimedia Foundation, die Server bezahlt und Software verwaltet, die "Chapter", also die Ansprechpartner in den einzelnen Ländern, und die Gemeinschaft der unbezahlten Wikipedia-Autoren.
Gardner hält diese Chapter-Struktur für überkommen. Denn sie führt dazu, dass es in Ländern, in denen Wikipedia ohnehin floriert, starke Vereine gibt - anders als in Entwicklungsländern, wo man freies Wissen doch eigentlich besonders fördern möchte. Gardners Lösung: Der Geldfluss soll in Zukunft zentral über das US-Büro organisiert werden. Wie viel Geld an die Länder fließt, soll ein internationales Gremium aus erfahrenen Wikipedianern entscheiden.
Die Regelung würde vor allem Wikimedia Deutschland treffen. Sie ist das größte Chapter weltweit, in der Berliner Geschäftsstelle arbeiten über 20 Mitarbeiter, allerdings nicht direkt für Wikipedia: Der Verein organisiert verschiedene Vorhaben rund um das Freiwilligenprojekt, etwa die Kampagne, Wikipedia zum Weltkulturerbe zu machen.
Außerdem betreibt er einige Server in Amsterdam. In Deutschland organisierte der Verein schon CD- und Buchprojekte, als die US-Zentrale kaum mehr war als ein nachlässig geführtes Büro zur Unterstützung von Gründer Jimmy Wales.
Kritik aus der USA
Als Wikimedia Deutschland sein Spendenziel von 3,8 Millionen Euro bekannt gab, erntete er dafür Kritik aus den USA. "Wir sind besorgt, dass sie lieber aggressiv in lokale Projekte investieren, als die globale Arbeit der Foundation zu fördern", schrieb Wikimedia-Manager Barry Newstead.
Die deutschen Einnahmen stammen zum Großteil aus der weltweiten jährlichen Spendenkampagne der Wikipedia. Deutsche Einnahmen fließen etwa zur Hälfte an die USA, die andere Hälfte bleibt in Deutschland. Erst als Wikimedia-Deutschland-Vorstand Pavel Richter ausführte, dass über 1,9 Millionen Euro der Einnahmen direkt an die Wikimedia Foundation fließen und der Verein viele internationale Aktivitäten finanziert, wurde das Budget genehmigt.
Schon seit Jahren sorgt sich die US-Stiftung, dass man mit den jährlichen Aktionen den guten Willen der Unterstützer überstrapaziert. Es fällt schwer, den Finanzbedarf der Organisation zu vermitteln, die sich ganz auf die unbezahlte Arbeit von Freiwilligen stützt.
So fördert der deutsche Verein das sogenannte Community-Projekt, eine Art Stipendium für die Förderung von freiem Wissen, mit 250.000 Euro; das ist fast so viel, wie Frankreichs Chapter insgesamt zur Verfügung steht. Bei einer Neuordnung der internationalen Finanzen könnte sich Wikimedia Deutschland das nicht mehr leisten.
Keine Furcht vor Insolvenz in Deutschland
Von einem Konflikt will Wikimedia-Deutschland-Chef Richter aber nicht sprechen. "Die Diskussion, wie das Fundraising der Zukunft vonstatten gehen soll, ist nicht neu", sagt er. Und dass das Einwerben von Spenden vor Ort am besten funktioniere. Erst 2011 hat der Verein eine Tochtergesellschaft gegründet, die die steuerrechtlich komplizierte Übermittlung der Spendengelder in die USA übernimmt.
Auf der deutschen Mailing-Liste wurde nun befürchtet, dass Wikimedia Deutschland auf eine Insolvenz zusteuere. Derartiges ist jedoch nicht zu befürchten, denn dafür ist er für die internationale Wikipedia zu wichtig. So wurde das Projekt Wiki-Data, das die Online-Enzyklopädie um eine Faktendatenbank ergänzen soll, ganz in die Hände von Wikimedia Deutschland gelegt. Profitieren würden davon Wikipedianer weltweit.
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