Coronamaßnahmen in Großbritannien: Schrittweise zum Bier im Freien

Wegen der erfolgreichen Impfkampagne lockert Großbritannien den Lockdown. Ein neuer Anstieg der Infektionen wird erwartet.

Eine Person hinter einem Pub-tresen zapft ein Bier und trägt blaue Gummihandschuhe

Bri­t*in­nen können bald wieder ein frisch gezapftes Pint trinken – vorerst nur im Freien Foto: Hannah Mckay/reuters

LONDON taz | „Ich werde mich am Montag, den 12. April selbst in einen Pub begeben und vorsichtig, doch unabwendbar, ein Bierglas an meine Lippen führen“, mit dieser Aussage kündigte der britische Premierminister Boris Johnson am Montag an, dass England nächste Woche gemäß den Plänen der Regierung die nächste Stufe der Öffnung des Lockdowns angehen würde.

Geschäfte, Fitnessstudios, Tierparks, Ferienlager, Dienste der Körperpflege wie Friseur*innen, Biergärten und andere bewirtende Betriebe im Freien können ab Montag kommender Woche nach viermonatigem Lockdown wieder Menschen empfangen.

Der Übergang zur sogenannten Stufe II sei möglich, weil unter anderem das Impfprogramm erfolgreich verläuft und dadurch die Infektionen sinken. Inzwischen sind im Vereinigten Königreich 31,6 Millionen Menschen geimpft. Allein nach der ersten Dosis, so die neuesten Studien in England, würde die Wahrscheinlichkeit symptomatischer Covid-19-Erkrankungen um 60 Prozent sinken. Krankenhausaufenthalte seien deswegen um 80 Prozent gesunken. Seit dem letzten Hoch von 1.300 Todesfällen pro Tag zu Beginn des Jahres, sterben derzeit täglich rund 47 Menschen an Covid-19.

Doch sowohl Johnson als auch der medizinische Regierungsberater Chris Whitty machten keinen Hehl daraus, dass die Öffnungsschritte mitnichten bedeuten würden, „dass Bri­t*in­nen sich nun in Selbstgefälligkeit hüllen könnten,“ so Whitty. „Die Erfahrungen in Chile haben gezeigt, dass ein gutes Impfprogramm allein nicht ausreicht, um die Erkrankungen beständig niedrig zu halten.“

Johnson gab zu Bedenken, dass noch immer nicht bekannt sei, wie sehr die Impfungen schützen würden, wenn die Infektionsraten wieder steigen. Er sei sich sicher, dass dies geschehen werde. Auch die Berechnungen des medizinischen und wissenschaftlichen Krisenstabes schließen eine neue Infektionswelle nicht aus.

Streit um Impfpass

Zur weiteren Bekämpfung der Pandemie werden parallel zu den Lockerungen für alle Menschen in England Selbsttests mit diagnostischen Teststreifen (Lateral Flow Tests) verfügbar sein. Diese können kostenlos in Apotheken, Testzentren oder online angefordert werden. Auch die schottische Regionalregierung will dem englischen Programm folgen. Wales und Nordirland werden es kaum anders machen.

Eine der großen Fragen in Großbritannien ist jedoch die eines Impfpasses. Sie führte inzwischen zu einer ungewöhnlichen gemeinsamen Front von über 70 Unterhausabgeordneten, darunter der ehemalige Labourparteiführer Jeremy Corbyn, der liberaldemokratische Parteiführer Ed Davies und zahlreiche Abgeordnete der Konservativen Partei, welche diese Pässe als die Bür­ge­r*in­nen­frei­heit einschränkende Methode betrachten, die auch jenen schade, die sich aus verschiedenen Gründen wie Krankheit und Schwangerschaft nicht impfen lassen könnten oder wollten.

Laut Johnson werde es bei den ab dem 12. April begehbaren Orten zu keiner Ausweispflicht kommen. Allerdings werde eine Zertifizierung für große Veranstaltungen geprobt, etwa für das Endspiel der Fußballliga am 15 Mai. Diese Zertifikate werden Informationen zu Impfungen, vorheriger Erkrankung und Testresultate enthalten.

Großbritannien erwäge jedoch wie viele Länder eine entsprechende Ausweisung für internationale Reisen, sagte Johnson. Details dazu sind noch unklar. Die Frage, ob nicht essentielle Reisen mit Stufe III der Lockerungen ab dem 17. Mai wieder erlaubt sind, bleibt offen.

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