UN-Bericht zu Mali: Hochzeit mit 22 Toten

Frankreichs Truppen sollen eine Hochzeitsgesellschaft in Mali bombardiert haben, sagt ein UN-Bericht. Er kritisiert den „Bruch des Völkerrechts“.

Ein französischer Soldat vor einem Hubschrauber

Französischer Soldat sichert einen Helikopter der Antiterroroperation Barkhane in Mali, Juli 2019 ​ Foto: Benoit Tessier/reuters

BERLIN taz | Zwischen den beiden wichtigsten internationalen Akteuren in Mali ist ein heftiger öffentlicher Streit ausgebrochen, der die Kohärenz der internationalen Terrorbekämpfung in der Sahelzone schwer beschädigt. Hintergrund ist ein Luftangriff vom 3. Januar, der nahe dem Dorf Bounti eine Hochzeitsgesellschaft traf und zahlreiche Menschen tötete. Lokale Quellen sprachen damals von 20 getöteten Zivilisten und bezichtigten Frankreichs Luftwaffe des Angriffs mit einem Flugzeug oder Hubschrauber.

Frankreichs Regierung widersprach und sagte, ein französisches Mirage-Kampfflugzeug habe aus großer Höhe eine zuvor ausgespähte Versammlung von Dschihadisten der islamistischen Untergrundgruppe „Ka­tiba Serma“ bombardiert. Der Vorfall löste große Empörung in Mali aus.

Nun hat die UN-Mission in Mali (Minusma) die lokale Version bestätigt. Der französische Luftangriff habe eine Hochzeitsgesellschaft getroffen und „mindestens 22 Personen“ getötet, davon 19 unmittelbar. Drei Verletzte starben später. 19 Tote seien Zivilisten gewesen, drei waren mutmaßliche Angehörige der islamistischen Zelle „Katiba Serma“.

Dem Bericht zufolge wurde die Hochzeitsgesellschaft nachmittags getroffen, als sich die rund 100 Männer getrennt von den Frauen aufhielten, welche gemeinsam das Hochzeitsmahl vorbereiteten. Fünf Teilnehmer seien mutmaßliche Angehörige der „Katiba Serma“ gewesen, einer trug offen eine Waffe. Seine Anwesenheit sei wohl der Grund für den Angriff gewesen, wird ein Zeuge zitiert.

Eindeutiger Schluss

Der UN-Bericht kommt zu einem eindeutigen Schluss: Der Angriff sei illegal gewesen, da nicht verhältnismäßig und auch, weil er sich gegen Zivilisten richtete. „Außerdem reicht der Umstand, dass eine gewisse Anzahl erwachsener Männer sich im Aktivitätsgebiet einer bewaffneten Gruppe oder ohne Frauen und Kinder versammelt, nicht zur Feststellung aus, wer einer bewaffneten Gruppe angehört, oder dass keine Zivilisten anwesend sind“, so das UN-Team. „Ein Targeting auf dieser Grundlage wäre mit dem Völkerrecht unvereinbar.“ Empfohlen wird die Ermittlung der Verantwortlichen sowie Schadenersatz für die Opfer.

In außergewöhnlich scharfen Tönen hat Frankreichs Verteidigungsministerium all dies zurückgewiesen und dem UN-Team Unfähigkeit vorgeworfen. Man habe den Angriff selbst untersucht und man sei sich ganz sicher, dass der Luftangriff „eine als solche identifizierte terroristische Gruppe“ getroffen habe. „Der Bericht“, heißt es zur UN-Untersuchung, „geht davon aus, dass anonyme Zeugenaussagen von Individuen, deren Interessen und Loyalitäten unbekannt sind, eine gleichwertige Glaubwürdigkeit zu einer rigorosen Aufklärungs- und Einsatzmethodik besitzen.“

Die Unterstellung der Unseriosität wird vom UN-Bericht nicht gedeckt. Dort wird ausgeführt, die Untersuchung sei nach international geltenden Standards geführt worden, unter Wahrung aller für den Zeugenschutz und die Gewährleistung einer von Druck freien Aussage nötigen Vorkehrungen und mit Überprüfung aller erhaltenen Informationen. Das UN-Team besuchte den Tatort, interviewte über mehrere Wochen mehrere Hundert Menschen und besichtigte die Grabstelle der Toten.

Minusma-Kriminaltechniker untersuchten die bombardierte Stelle. Da die Untersuchung „in einem Klima des medialen und politischen Drucks“ stattfand, habe man besondere Sorgfalt walten lassen. Einem britischen Zeitungsbericht zufolge wurde der Vorwurf eines Kriegsverbrechens auf französischen Druck aus dem Berichtsentwurf entfernt.

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