Change.org verliert Gemeinnützigkeit: Petition nur gegen Gebühr?

Die Petitions-Plattform Change.org wehrt sich gegen den Verlust ihres Status. Streitpunkt sind kostenfreie Petitionen gegen Unternehmen.

Müll lose und in gelben Tüten

Umweltverschmutzung durch Müll und Plastik sind häufiger Anlass für Petitionen auf Change.org Foto: dpa

BERLIN taz | Am Donnerstag hat die Kampagnenplattform Change.­org Einspruch gegen die Aberkennung ihrer Gemeinnützigkeit beim zuständigen Berliner Finanzamt eingelegt. Die Behörde hatte der Organisation im Februar die Erlaubnis entzogen, Spendenquittungen auszustellen. Sie begründete die Entscheidung mit dem Argument, Change.org ermögliche auf ihrer Internetplattform auch Petitionen gegen Unternehmen, ohne dafür Gebühren zu verlangen. Der Betrieb einer Petitionsplattform diene aber nur dann „einer Förderung des demokratischen Staatswesens“, wenn sich die Petitionen an „staatliche Stellen richten“, so das Finanzamt. Es fordert, Petitionen, die sich gegen nichtstaatliche Akteure richten, zu löschen oder nur gegen Gebühren zu erlauben.

Change.org ist eine internationale Plattform, die in Deutschland von einem Verein getragen wird. Unterschreiben konnte man dort in den vergangenen Jahren unter anderem Petitionen, die sich für ein Plastiktütenverbot, für ein Verbot von sogenannten Konversionstherapien an minderjährigen Homosexuellen, für Fairen Kaffee bei der Bahn oder für die Öffnung von Kreißsälen in Geburtskliniken trotz Corona einsetzten.

Der Verein finanziert sich zu 100 Prozent aus Spenden und Förderbeiträgen, „insofern ist die Gemeinnützigkeit für uns zwar finanziell und auch als Label bedeutsam“, sagt Vereinsvorstand Gregor Hackmack. Vor allem hält er die enge Lesart der Abgabenordnung aber für ungerecht. Schließlich könnten Unternehmen Ausgaben für Lobby-Arbeit als gewinnmindernd angeben, die Zivilgesellschaft würde somit benachteiligt.

Attac wehrt sich vor dem Verfassungsgericht

Die umstrittene Abgabenordnung legt fest, welcher Zweck als gemeinnützig anerkannt werden darf. Ihre buchstäbliche Auslegung hat auch Verfahren gegen andere zivilgesellschaftliche Organisationen begründet, etwa die globalisierungskritische Organisation Attac oder die Kampagnenorganisation Campact. Attac wehrt sich inzwischen vor dem Bundesverfassungsgericht dagegen, Spendern keine Spendenbescheinigungen mehr ausstellen zu dürfen.

Die Organisation Fi­nanz­wen­de des Grünen-Politikers Gerhard Schick hat eine eigene Lösung gefunden: Sie hat sich aufgeteilt in eine gemeinnützige GmbH, die Bildungsarbeit im Sinne der Abgabenordnung anbietet, und einen Verein, der bewusst auf Steuervergünstigen verzichtet und damit auch politische Kampagnen starten kann. Für Change.org ist das laut Hackmack keine Lösung. „Wir wollen keine Gebühren für Petitionen erheben“, sagt er, „wir kämpfen das jetzt juristisch durch.“

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