Entwicklungen in der Coronapandemie: Infektionszahlen steigen wieder

Intensivmediziner fordern, eventuelle Lockerungen auf den April zu verschieben. Dafür zeigen Impfungen erste Erfolge.

Krankenhauspersonal in voller Schutzmontur versorgt einen Covid-19 Patienten

In­ten­siv­me­di­zi­ne­r*in­nen warnen vor einer zu schnellen Lockerung der Maßnahmen Foto: Bernd Wüstneck/dpa

BERLIN taz | Die mehrwöchige Phase der sinkenden Infektionszahlen ist vorbei. Nachdem die Zahl der neu gemeldeten Coronafälle in der letzten Woche tendenziell stagniert hatte, war in den letzten Tagen ein klarer Anstieg zu sehen: Der 7-Tage-Mittelwert lag am Freitag bei rund 7.850 Fällen pro Tag – und damit 11 Prozent höher als eine Woche zuvor. Der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, sprach am Freitag dennoch nicht von steigenden Werten, sondern sagte lediglich: „Die Fallzahlen gehen nicht weiter zurück, sie stagnieren.“

Weiterhin klar rückläufig ist dagegen die Zahl der Menschen, die im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion sterben. Hier lag der 7-Tage-Mittelwert am Freitag bei 330 Toten pro Tag und damit 23 Prozent niedriger als eine Woche zuvor und 63 Prozent niedriger als beim Höchststand Mitte Januar. Dass die Zahl der Toten weiterhin fällt, ist nicht überraschend, denn von der Meldung einer Infektion bis zum Tod vergehen etwa zwei Wochen.

Allerdings ist damit zu rechnen, dass sie trotz der wieder ansteigenden Infektionszahlen in der nächsten Zeit weiter zurückgeht. Denn unter Menschen, die älter als 80 Jahre sind, sinken die Infektionszahlen weiterhin deutlich. „Das ist wahrscheinlich schon ein Effekt der Impfungen“, sagte Wieler. In dieser Gruppe ist die Wahrscheinlichkeit, an einer Corona-Infektion zu sterben, besonders hoch.

Als wichtigster Grund für den Wiederanstieg gilt die zunehmende Verbreitung der Virusmutation, die zunächst in Großbritannien auftrat. Inzwischen dürfte sie für 20 bis 30 Prozent der Infektionen in Deutschland verantwortlich sein; neue Zahlen veröffentlicht das RKI erst nächste Woche wieder. Diese Virusmutation gilt als etwa 30 Prozent ansteckender als die Ursprungsvariante.

Me­di­zi­ne­r*in­nen fordern Verlängerung des Lockdowns

Daneben ist es auch denkbar, dass aufgrund der zuvor deutlich gesunkenen Infektionszahlen die Schutzmaßnahmen weniger ernst genommen wurden. Wieler appellierte darum, die Menschen sollten die „Kontakte wieder auf das Nötigste beschränken, vor allem in Innenräumen“. Dort ist das Infektionsrisiko weitaus höher als im Freien.

Die Zahl der Coronapatient*innen, die auf Intensivstationen behandelt werden, ist unterdessen weiter gesunken. Mit 2.848 ist sie aktuell nur noch halb so hoch wie beim Höchststand Anfang Januar und auch geringer als zum Höhepunkt der ersten Welle im April. Allerdings hat sich der Rückgang der Zahl zuletzt etwas verlangsamt, und die Zahl der Neuaufnahmen stagniert seit zehn Tagen. Deutschlands Intensiv- und Notfallmediziner haben eine Verlängerung des Lockdowns bis Anfang April gefordert.

Drei Wochen mehr Disziplin seien entscheidend, um durch Impfungen eine schwer bis nicht mehr kontrollierbare dritte Welle zu vermeiden, sagte Gernot Marx, Präsident der Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin, am Donnerstag. Ein neues Prognosemodell habe ergeben, dass ein Öffnen am 7. März die Zahlen schwer kranker Coronapatienten in Kliniken exorbitant in die Höhe treiben könnte, hieß es.

Bei den Impfungen hat das Tempo zuletzt etwas zugenommen: Am Donnerstag war mit knapp 160.000 verabreichten Impfdosen der bisher höchste Wert erreicht worden. Mit steigenden Liefermengen wird diese Zahl in den nächsten Monaten auf ein Vielfaches des aktuellen Werts steigen müssen. Um das zu schaffen, soll schon bald auch in Arztpraxen geimpft werden, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Freitag. Die Kassenärztliche Vereinigung erwartet, dass damit noch im April begonnen wird.

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