Volksbegehren Berlin Werbefrei: Werbeverbot, zweiter Anlauf

Das Berliner Verfassungsgericht erklärt die Nicht-Zulassung des Volksbegehrens für unzulässig. Die Initiatoren für ein Werbeverbot sind wieder am Zug.

Plakat mit Bär mit der Beschriftung - Werbung Nö

Wenn Werbung, dann nicht digital, sondern einfach und direkt Foto: Marius Schwarz/imago

BERLIN taz | Das Volksbegehren Berlin Werbefrei ist zurück, ein Jahr nachdem es der Senat für rechtlich unzulässig erklärt hatte. Ein Beschluss des Berliner Verfassungsgerichtshofs hat die rechtlichen Bedenken des Senats zurückgewiesen und darüber hinaus gerügt, dass den Träger*innen des Begehrens keine Möglichkeit zur Nachbesserung an ihrem Entwurf gewährt wurde.

Die Initiator*innen des Volksbegehrens, die Werbung in der Öffentlichkeit deutlich reduzieren und nur unter strengen Bedingungen erlauben wollen, können damit ihre Arbeit wieder aufnehmen. Initiativensprecher Fadi El-Ghazi sagte gegenüber der taz: „Das ist eine Schlappe für den Berliner Senat, der unser Volksbegehren massiv torpediert hat.“ Berlin Werbefrei ist nun an der Reihe, den eigenen Gesetzesentwurf nachzubessern. Dies solle, so El-Ghazi, bis Ende Januar geschehen.

Laut Gericht habe es der Senat versäumt, der Initiative die Möglichkeit zur Nachbesserung ihres Gesetzestextes zu geben, obwohl dies angesichts der hohen Bedeutung der Volksgesetzgebung notwendig wäre. Der Senat hatte damit argumentiert, dass die Initiative mit einem angestrebten Werbeverbot im öffentlichen Raum sowie in öffentlichen Räumen wie Behörden und Schulen zwei unterschiedliche Anliegen unzulässig koppele. Dieser Sichtweise folgte das Gericht nicht. Im Beschluss heißt es, beide Anliegen bilden eine „rechtliche Einheit“, für die ein „sachlicher Zusammenhang“ bestehe.

Darüber hinaus hatte der Senat beanstandet, dass ein Werbeverbot unverhältnismäßig in die Grundrechte von Grundstückseigentümern und Werbetreibenden eingreifen würde. Diesem Bedenken will die Initiative nun begegnen und ihren Gesetzestext nachbessern. Für Bushaltestellen und Littfaßsäulen will sie laut El-Ghazi eine 50-50-Regelung festschreiben. Maximal die Hälfte der Werbefläche dürfe dann für Produkt- und Dienstleistungswerbung genutzt werden, die andere Hälfte muss für Veranstaltung- und gemeinnützige Werbung zur Verfügung stehen.

Digitale Werbeanlagen sollen weg

Ein zentrales Anliegen bleibe jedoch bestehen: das Komplettverbot von digitalen Werbeanlagen, die zunehmend den öffentlichen Raum erobern. Für El-Ghazi stellen diese eine „Gefahr im Straßenverkehr“ dar; außerdem würden sie „so viel Strom wie fünf Durchschnittshaushalte“ verbrauchen. Ein Verbot sei unausweichlich für einen „lebenswerten öffentlicher Raum“. Die Politik wolle sich aber „nicht mit der Werbewirtschaft anlegen“, so der Kampagnensprecher.

Nach der Überarbeitung des Antragstextes durch die Initiative folgt eine erneute Prüfung durch die Senatsverwaltung für Inneres, die nicht noch einmal 16 Monate in Anspruch nehmen dürfte, sondern nur ein oder zwei. Auf Anfrage der taz hieß es aus der Innenverwaltung: „Im weiteren Verfahren bleibt nun abzuwarten, ob die Trägerin Nachbesserungen vornimmt. Davon wird abhängen, ob das Volksbegehren nach entsprechenden Anpassungen als zulässig angesehen werden kann oder ob es wiederum als unzulässig erneut dem VerfGH vorgelegt wird.“

Besteht der angepasste Text die Prüfung hat im Anschluss das Abgeordnetenhaus vier Monate Zeit, um sich mit dem Anliegen der Initiative zu beschäftigen. Wird, wie zu erwarten ist, das Anliegen nicht übernommen, kann die Initiative das Volksbegehren starten und muss dafür etwa 180.000 Unterschriften sammeln.

Ein Abstimmungstermin parallel zur Abgeordnetenhauswahl im September ist allerdings nicht mehr zu schaffen. Möglich sei ein Termin zusammen mit einem oder mehreren anderen Volksentscheiden. Zudem behält sich Berlin Werbefrei vor, noch einmal auf Start zurückgehen und einen Termin parallel zur EU-Wahl 2024 anzustreben. „Wir haben uns darauf eingestellt, dass wir uns nicht innerhalb von kurzer Zeit gegen die Werbewirtschaft durchsetzen“, so El-Ghazi.

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