Verfassungsbeschwerde von ARD und ZDF: Gute Chancen in Karlsruhe

Die Öffentlich-Rechtlichen wollen den Rundfunkbeitrag von 18,36 Euro beim Bundesverfassungsgericht durchsetzen. Das könnte klappen.

Mikrofone verschiedener Sender

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk (hier im Bild: WDR, ZDF, ARD) besteht auf sein Geld Foto: Thomas Frey/imagebroker

KARLSRUHE taz | Eigentlich sollte die Beitragserhöhung auf politischem Weg herbeiführt werden. Weil Medienpolitik Ländersache ist, mussten sich die 16 Bundesländer einigen. Im Juni schlossen sie einen entsprechenden Staatsvertrag, der eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags von derzeit 17,50 Euro pro Monat auf künftig 18,36 Euro vorsah. Diesem Vertrag müssen aber alle Landesparlamente bis zum Jahresende zustimmen, sonst wird er „gegenstandslos“, wie eine Vertragsklausel festlegt.

Im Ergebnis ist es also egal, ob der Landtag von Sachsen-Anhalt – wie jetzt geplant – gar nicht abstimmt oder ob er explizit gegen die Beitragserhöhung stimmt. Ohne seine Zustimmung bleibt es beim alten Rundfunkbeitrag von 17,50 Euro.

Die öffentlich-rechtlichen Sender wollen nun aber nach Karlsruhe gehen. Sie wollen dort argumentieren, dass sie einen Anspruch auf die Beitragserhöhung haben, weil deren Höhe von der unabhängigen Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) empfohlen wurde.

Tatsächlich hat das Bundesverfassungsgericht in einem Grundsatzurteil von 1994 ein dreistufiges Verfahren für die Rundfunkfinanzierung festgelegt. Zunächst sollen die Sender ihren Bedarf benennen. Dann wird von der KEF geprüft, ob dieser Bedarf mit dem Programmauftrag übereinstimmt und dem Gebot der Sparsamkeit entspricht. An die Empfehlung der KEF ist drittens die Politik dann grundsätzlich gebunden.

Politik soll nicht zu viel Einfluss nehmen können

Abweichungen seien zwar aus sozialen Gründen möglich, um die Bürger nicht zu überfordern, so Karlsruhe. Auf keinen Fall dürfe die Rundfunkfinanzierung aber für Zwecke der Programmlenkung und der Medienpolitik eingesetzt werden (wie sie die Diskussion in Sachsen-Anhalt bestimmten). Jede Abweichung von der KEF-Empfehlung muss zudem ausführlich begründet werden und kann vom Bundesverfassungsgericht geprüft werden.

Dass Karlsruhe seine Vorgaben ernst meint, zeigte es 2007. Auf Klage der Sender stellte das Gericht fest, dass die Ministerpräsidenten die Rechte von ARD und Co. verletzt hatten. Damals hatten die Länder den KEF-Erhöhungsvorschlag von „plus 1.09 Euro“ gemeinsam auf „plus 88 Cent“ reduziert.

Die Länder hatten zur Begründung unter anderem auf die „angespannte wirtschaftliche Lage“ verwiesen. Ob dies genügt, ließ der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts damals offen, weil jedenfalls die weiteren Gründe nicht den Anforderungen genügten. So hatten die Länder argumentiert, es gebe mehr Sparpotenzial und mehr Einnahmemöglichkeiten als von der KEF gesehen. Doch das hielten die Richter für nicht ausreichend belegt. Medienpolitische Begründungen, wie die Rücksichtnahme auf private Fernsehsender, ließen die Richter schon im Ansatz nicht gelten.

Wenn man den Präzedenzfall mit dem heutigen Fall Sachsen-Anhalt vergleicht, fällt zweierlei auf: Damals waren alle Länder einig, diesmal weicht nur ein Land ab. Damals gab es ausführliche Begründungen, diesmal kann es mangels Beschlussfassung gar keine offizielle Begründung geben.

Es ist also kaum anzunehmen, dass das Bundesverfassungsgericht akzeptiert, wenn ein Bundesland allein und ohne Begründung die von der KEF für notwendig gehaltene Beitragserhöhung für ganz Deutschland verhindert. Die Sender-Klage hat deshalb gute Aussichten. Mit einem Eilantrag könnte vielleicht sogar ein Start der Beitragserhöhung bereits im Januar oder Februar erreicht werden.

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