Ostseefischer zu niedrigerer Fangquote: Abwrackprämie für Fischkutter

Viele Fischer wollen ihr Geschäft aufgeben, weil die EU die Fangquoten in der Ostsee gesenkt hat. Die Betriebe fordern dafür mehr Geld vom Staat.

Ein Fischer auf einem Kutter

Heringsfischer vor Rügen Foto: J. Köhler/imago

BERLIN taz/dpa | Umweltschützer loben die EU-Agrarminister selten, aber am Dienstag war es dann so weit: Sowohl die Stiftung WWF als auch die Deutsche Umwelthilfe begrüßten, dass die Ressortchefs in der Nacht die maximal erlaubten Fangmengen für Fische in der Ostsee im kommenden Jahr deutlich reduziert hatten. „Acht von zehn Fangquoten für 2021 sind im Einklang mit den wissenschaftlichen Empfehlungen festgelegt worden“, freute sich die Umwelthilfe: „Das ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.“

Beim für deutsche Fischer besonders wichtigen Hering im westlichen Teil der Ostsee sehen die Minister eine weitere Kürzung um 50 Prozent auf 1.575 Tonnen vor, beim westlichen Dorsch hingegen ein leichtes Plus um 5 Prozent auf 4.000 Tonnen. Dorsch-Freizeitfischer sollen weiterhin 5 Exemplare am Tag aus dem Wasser ziehen dürfen. Von Mitte Mai bis Mitte August sollen es nur 2 sein. In der östlichen Ostsee darf Dorsch weiterhin nicht gezielt gefischt werden. Ein leichtes Plus gibt es im kommenden Jahr bei der Fangquote für die Scholle (plus 5 Prozent) und die Sprotte (plus 6 Prozent).

Die Balance aus Erholung der Fischbestände und Einkommenssicherung für die Fischer sei „überraschenderweise in weiten Teilen erreicht“, sagte Stella Nemecky, WWF-Fischerei-Expertin. Die Ergebnisse seien zwar insgesamt schlechter als die Vorschläge der EU-Kommission, „aber es hätte durchaus schlimmer kommen können“. „Es hat den Anschein, als hätten die Ministerinnen und Minister den Ernst der Lage erkannt.“ Nemecky kritisierte jedoch, dass für den westlichen Hering kein Fangstopp beschlossen wurde. Die Umwelthilfe forderte eine Null-Quote auch für den westlichen Dorsch.

Dazu hatten Wissenschaftsinstitute wie das Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel geraten. Nach Jahrzehnten der Überfischung seien die Bestände so klein, dass sie während der Laichzeit nicht mehr ihr gesamtes Laichgebiet mit Eiern versorgen könnten, so die Experten. Zudem würde zum Beispiel der Klimawandel die Fortpflanzung der Tiere beeinträchtigen.

Doch den Fischern geht schon die jetzt beschlossene Quotensenkung zu weit. „Beim westlichen Hering ist die erneute 50-prozentige Absenkung eine Katastrophe für unsere Fischer. Da ist 50 Prozent des Einkommens weg“, sagte Claus Ubl, Sprecher des Deutschen Fischerei-Verbands, der taz. Dabei sei die Quote in den vergangenen 4 Jahren bereits insgesamt um 94 Prozent gesenkt worden. „Das ist fast ein Berufsverbot“, so Ubl. Die Menge für den westlichen Dorsch sei auch nach der 5-prozentigen Steigerung „zum Sterben zu viel und zum Leben zu wenig“. Die beiden Bestände seien „die Brotfische der deutschen Ostsee-Fischer“, mit denen sie ihren meisten Umsatz machten.

Schuldzuweisung an Norwegen

Für den Verband sind nicht die Deutschen Schuld an der Misere des Herings, sondern etwa die Norweger: Die hätten im Skagerrak/Kattegat zu viel fangen dürfen, wo sich auch Fische aus dem deutschen Fanggebiet aufhalten. Das habe eine Erholung verhindert, so Ubl.

Aber auch die Fischer haben verstanden, dass die Ostsee leidet. „Wir werden wahrscheinlich auch zukünftig nicht die dieselben Fischmengen rausholen können wie noch vor 20, 30 Jahren, und dann werden wir die Fangkapazitäten anpassen müssen“, folgert der Verbandssprecher. Deshalb verlangte er, dass die von der EU vereinbarte Abwrackprämie für Fischkutter gezahlt wird, ohne dass in den vergangenen Jahren überwiesene Prämien für den Verzicht auf Dorsch- und Heringsfang zurückgefordert werden.

Den westlichen Hering fangen laut Verband vor allem Fischer aus Mecklenburg-Vorpommern. Die meisten Schleswig-Holsteiner lebten vom Dorsch. Insgesamt gebe es in beiden Ländern rund 400 Küstenfischer.

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