EU-Handelskommissar Phil Hogan: Irische Coronaparty

Unter Missachtung sämtlicher Coronaregeln feierte EU-Kommissar Hogan eine Dinnerparty. Rücktrittsforderungen lässt Hogan an sich abprallen.

Phil Hogan im Gespräch mit Ursula von der Leyen

Kommissionschefin von der Leyen fordert einen „detaillierten Bericht“ von Hogan Foto: Virginia Mayo/AP

DUBLIN taz | Freiwillig will er nicht gehen. Phil Hogan, der irische EU-Handelskommissar, sagte am Sonntag, dass er keineswegs plane, von seinem Amt zurückzutreten. Einen Tag zuvor hatten der irische Premierminister Micheál Martin und sein Stellvertreter Leo Varadkar ihn gebeten, „seine Situation zu überdenken“ – was nichts anderes bedeutet als eine Aufforderung, den Hut zu nehmen.

Was war geschehen? Die irische Regierung hatte in Anbetracht der steigenden Coronafälle die Restriktionen am Dienstag verschärft. Unter anderem dürfen sich bis vorerst Mitte September höchstens sechs Personen aus drei verschiedenen Haushalten in einem Raum aufhalten. Wer nach Irland einreist, muss sich für zwei Wochen isolieren und die Adresse angeben.

Unter Missachtung sämtlicher Regeln hatte die parlamentarische Golfvereinigung aus Anlass ihres 50-jährigen Bestehens am Mittwochabend zu einem Dinner in ein Hotel im westirischen Clifden geladen. Mehr als 80 Menschen kamen und vergnügten sich bei einem mehrgängigen Menü und anschließender Tombola, bei der Hogan einen Kontaktgrill gewann. Nachdem die fröhliche Feier bekannt geworden war, traten zwei Politiker zurück.

Hogan dagegen kämpft noch um seine Karriere. „Ich bin mir des Risikos und der Verärgerung des irischen Volkes, die meine Teilnahme an dem Ereignis in dieser für alle schwierigen Zeit ausgelöst hat, vollkommen bewusst, und es tut mir unendlich leid“, sagte er.

Von der Leyen will Details wissen

Aber der EU-Handelskommissar hat offenbar weitere Restriktionen ignoriert. Auf dem Weg nach Clifden schaute er noch in seinem Haus in der Grafschaft Kildare vorbei, um „ein paar Dokumente“ abzuholen. Kildare ist jedoch eine von drei Grafschaften, die wegen der stark erhöhten Coronafälle abgeriegelt sind. Man darf sie nur verlassen, um zum Arbeitsplatz zu gelangen, muss aber danach wieder nach Hause zurückkehren.

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat Hogan aufgefordert, einen „detaillierten Bericht“ über seine Bewegungen in Irland sowie seine Reisen zwischen Brüssel und Irland vorzulegen. Sollten dabei weitere Verstöße ans Licht kommen, wird von der Leyen ihn wohl entlassen müssen.

Die irische Regierung steckt in einer Zwickmühle. Einerseits hat Hogan als Handelskommissar eine Schlüsselposition in Brüssel, die bei den Brexit-Verhandlungen für Irland enorm wichtig ist. Andererseits ist die Koalitionsregierung, die erst seit Ende Juni im Amt ist, bereits angeschlagen.

War die Strategie zur Bekämpfung von Sars-CoV-2 unter der vorherigen Regierung der rechtskonservativen Fine Gael recht erfolgreich, so hat die Koalition aus der ebenfalls konservativen Fianna Fáil mit Fine Gael und den Grünen mit ihren zum Teil widersprüchlichen Anordnungen für Verwirrung und Ärger bei der Bevölkerung gesorgt. Das große Fressen in Clifden ist der Glaubwürdigkeit der Regierung nicht sonderlich zuträglich.

Rechte mobilisieren gegen Maskenpflicht

Das ist Wasser auf die Mühlen der rechtsextremen Organisationen, die allerdings in Irland noch recht unbedeutend sind. Zwei davon, Health Freedom Ireland und Yellow Vest Ireland, hatten am Samstag zu einer Demonstration gegen die Maskenpflicht und andere Restriktionen im Zusammenhang mit Corona aufgerufen. Die rechte deutsche Initiative „Querdenken“ soll Busse organisiert haben, um Demonstranten vom europäischen Festland nach Dublin zu transportieren. Dabei war man aber offenbar nicht sehr erfolgreich: An der Demo nahmen keine 500 Menschen teil.

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